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Ostschweiz
Arbon, Kreuzlingen, Weinfelden
Am 1. März wird aus dem Empfangs- und Verfahrenszentrum ein Bundesasylzentrum ohne Verfahren (BAZoV). Die Verantwortlichen des Bundes informierten am Freitagabend die Kreuzlinger Bevölkerung über die bevorstehenden Änderungen.
An anderen Orten hätten die Verantwortlichen vielleicht Schutzhelme anziehen müssen, wenn sie sich der Bevölkerung stellen. Asylunterkünfte schüren Emotionen, wecken oft Ängste. In Kreuzlingen bleibt der grosse Aufruhr aus. Die jahrzehntelangen Erfahrungen mit dem Empfangs- und Verfahrenszentrum dämpfen die Besorgnis über die bevorstehenden Veränderungen.
Stadtpräsident Thomas Niederberger sprach von schwierigen und einfachen Zeiten. «Wir haben immer alle gemeinsam nach Lösungen gesucht, wenn es Probleme gab.» Es sei alles unternommen worden, dass man sagen kann: «Wir sind bereit.»
Am Anfang werde man aber sicher ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit legen. Roger Boxler, künftiger Leiter der Asylregion Ostschweiz, und sein Stellvertreter Martin Liechti referierten am Freitagabend, über das Bundesasylzentrum ohne Verfahren (BAZoV), das am 1. März in Betrieb gehen wird (siehe Kasten).
Ab 1. März können im BAZoV Kreuzlingen keine Asylgesuche mehr eingereicht werden. Flüchtlinge werden dazu nach Altstätten SG weitergeschickt. An der Döbelistrasse werden jene Personen untergebracht, die auf einen Entscheid warten oder die Schweiz verlassen müssen. Von heute 290 werde die Unterkunft auf 310 Plätze umgebaut.
«Vieles hat sich bewährt. Wir haben keinen Grund alles zu ändern», sagte Martin Liechti. Die Zusammenarbeit mit Stadt, Kanton und verschiedenen Organisationen sei sehr gut. Die Beschäftigungsprogramme, etwa mit dem Verein Agathu, würden weitergeführt. Auch auf die Seelsorger und die Hilfswerke wolle man nicht verzichten. Im Innern des Zentrums sei weiter die Securitas für die Sicherheit zuständig, die Firma Abacon patrouliere in der Umgebung.
Liechti erwähnte eine Hotline für die Bevölkerung: unter 058 480 53 23 sei immer jemand zu erreichen. Neu werde die Beschulung der Flüchtlingskinder durch die Schulgemeinde Kreuzlingen organisiert. Es seien bereits Lehrer angestellt worden. Die Ausweichunterkünfte im Feuerwehr-Depot Ost und beim Schützenhaus Fohrenhölzli werde man künftig wohl nicht mehr benötigen. (ubr)
Rund 60 Personen waren zum Anlass im Ulrichshaus erschienen. Erwartet hatte man doch einige mehr.
«Es ist kein Geheimnis. Kreuzlingen leistet einen zentralen Beitrag zur Umsetzung der beschleunigten und fairen Verfahren in der Schweiz», sagte Boxler. Er richtete einen aufrichtigen und herzlichen Dank an die Stadt und ihre Einwohner für die jahrelange gute Zusammenarbeit. «Es wird auch weiterhin so gut gehen.»
«Kreuzlingen leistet einen zentralen Beitrag zu den beschleunigten und fairen Verfahren in der Schweiz.»
Unkritisch nahmen die Anwesenden das bis dahin Gesagte aber nicht hin. Ob man erwarte, dass die Anzahl der untergetauchten Personen sich erhöhe, wollte FDP-Gemeinderat Alexander Salzmann wissen.
Martin Liechti berichtete aus Embrach, wo bereits ein BAZoV in Betrieb ist. Es gebe tatsächlich viele Personen die untertauchten. «Aber die bleiben gewöhnlich nicht in der Nähe des Zentrums, sondern reisen ins Ausland oder suchen die Nähe der grossen Städte».
«Der Standort ist etabliert. Die Zusammenarbeit hat sich bewährt. Wir haben keinen Grund, alles zu verändern.»
Roger Boxler ergänzte, dass dies kein neues Phänomen sei. «Es passiert wegen der beschleunigten Verfahren jetzt einfach früher.»
Geplagt fühlen sich direkte Anwohner des heutigen Empfangszentrums. Sie berichteten von Littering und anderen Ärgernissen, wie volltrunkenen Asylbewerbern. «Sie kommen auch immer näher an unsere Häuser», erzählte eine Frau. Gerade kürzlich hätte beispielsweise wieder eine Person im Schlafsack in ihrem Garten übernachtet.
Die Erwartungen, dass künftig mehr Polizeieinsätze nötig würden, habe sich in Embrach nicht bestätigt, sagte Roger Boxler. Aber man werde Erfahrungen sammeln müssen, wie sich die Perspektivlosigkeit der Flüchtlinge nach einem negativen Asylentscheid und vor ihrer Ausreise auswirke. «Wir behalten das im Auge.»
René Lang, Regionenchef Ost der Kantonspolizei Thurgau, wurde konkret gefragt, wie viele Einsätze sie beim Asylzentrum machen müssten und ob sie befürchteten, dass diese Zahl noch ansteige. Eine Zahl durfte er nicht nennen, aber die Statistik sei in den letzten Jahren stabil geblieben.
Künftig rechne man nur mit einem marginalen Anstieg. Man werde weiterhin auch präventiv Präsenz zeigen. «Nicht immer wenn Polizeiwagen vorfahren, ist etwas passiert», sagte Lang.
Die Herkunft der in Kreuzlingen untergebrachten, werde sich nach wie vor nach der weltpolitischen Lage zusammensetzen und verändern, berichtete Boxler. Nach vielen weiteren Fragen endete die Veranstaltung mit einem dankenden Applaus für die Verantwortlichen.