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Am 25. November sind Stadtratswahlen. Mit SP-Gemeinderat Markus Brüllmann bewirbt sich nur ein Neuer um den frei werdenden Sitz. Aber der 50-Jährige ist dafür top motiviert.
Herr Brüllmann, es gibt fünf Stadträte und fünf Kandidaten. Der Anspruch der SP ist unumstritten. Im Prinzip sind Sie schon gewählt. Warum führen Sie dennoch einen so aufwendigen Wahlkampf?
Ich höre das oft, dass ich den Ball flach halten und Mittel und Energie sparen könnte. Aber die Kampagne ermöglicht es mir, viele Leute kennen zu lernen und den Bürgern eine objektive Entscheidung zu ermöglichen. Klar bedingt das einen grossen Aufwand, aber ich will mir nie den Vorwurf anhören müssen, ich hätte nichts gemacht. Stadträte werden gewählt, um Leistungen zu bringen.
Die parteiinterne Nomination war wohl fast schwieriger?
Das kann man durchaus so sagen. Es standen der Partei mehrere Bewerbungen zur Auswahl. Das sind ja alles Kollegen – die Enttäuschung über die Nichtnomination kann durchaus für alle Beteiligten belastend sein. Nach der Nomination ist mir ein Stein vom Herzen gefallen. Aber ich wusste: Jetzt geht es richtig los.
Bezahlbarer Wohnraum, Zentrumsentwicklung, Finanzpolitik: Markus Brüllmann kann zu diversen Themen dezidiert Stellung beziehen. Der 50-Jährige ist ein «Animal politique». Er sieht sich selber innerhalb der SP am linken Flügel. Politisiert sei er bei der EWR-Abstimmung 1992 worden und bis heute steht er der SVP kritisch gegenüber. Seit 2008 sitzt er im Gemeinderat. Brüllmann ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sein wichtigstes Hobby ist die Tuba. Er spielt beim Musikverein Eintracht Güttingen.
Sie waren die letzten Wochen in den Quartieren unterwegs und besuchten die Einwohner zu Hause. Was haben Sie für Erfahrungen gesammelt?
Die Idee dazu stammt von der SP. Da ich ein kommunikativer Typ bin, habe ich sie gerne aufgenommen. Anfangs hatte ich zwar gemischte Gefühle, wenn du nicht weisst, was dich hinter der Haustür erwartet. Ich wurde sicher auch mit Frust konfrontiert, bin aber sehr erfreut über die hohe Zufriedenheit der Kreuzlinger. Viele haben den Besuch sehr geschätzt.
Was haben Ihnen die Kreuzlinger erzählt?
Acht von zehn Menschen leben extrem gern in Kreuzlingen. Die Stimmung in der Stadt wird etwa in den Leserbriefspalten zum Teil all zu negativ dargestellt. Nur ein Beispiel: Die Bewohner am Zeppelinring finden den Freiraum mit dem Spielplatz im Quartier wunderbar. Für mich ist klar:
«Die Distanz zwischen Politik und Wähler muss kleiner werden.»
Das ist auch eine Motivation für mich zu kandidieren.
Sie kämen als Neuer in ein bestehendes Stadtrats-Team. Würden Sie da hineinpassen?
Ich arbeite im Aussendienst, da musst du ein Teamplayer sein. Und das bin ich auch. Ich denke, die neue Konstellation wäre stimmig. Ich masse mir aber an, dass ich frische und auch einmal etwas verrücktere Ideen in die Exekutive hineinbringen könnte.
Aktuell steckt der Stadtrat politisch etwas im Formtief. Können Sie ihn aus diesem Loch holen?
Ich bin eher der Ansicht, dass der Stadtrat offensiver und proaktiver kommunizieren sollte. Etwa beim Thema Boulevard. Natürlich ist das nicht ein Allerheilmittel für alle Probleme, aber das Bedürfnis der Bevölkerung nach Informationen ist hoch.
Solange Sie noch nicht gewählt sind, dürfen Sie noch sagen, was ihre persönliche Meinung zum Thema Boulevard ist.
Eigentlich teilen ja alle dasselbe Ziel: mehr Aufenthaltsqualität auf dem Boulevard. Das bedingt weniger Verkehr. Am Anfang des Versuches war die positive Entwicklung auch noch spürbar. Am Ende des Jahres hätte man dann eine Erkenntnis gewonnen. Die ist mit dem zwischenzeitlichen Abbruch nun verfälscht und man hat den Volkszorn, der verständlich ist, auf sich gezogen.
Was hätten Sie gemacht?
Unser städtisches Verkehrssystem ist sehr fragil. Wenn es irgendwo stockt, kann der Bus den Fahrplan nicht mehr einhalten. Es ist schwierig, einfach punktuell ein paar Tafeln aufzustellen. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, das die ganze Stadt miteinbezieht.
Sie sind ein engagierter Verkehrspolitiker. Nach Ihrer Wahl werden Sie aber wahrscheinlich die sozialen Dienste übernehmen müssen.
Ich fühle mich fit für alle Departemente. Wahrscheinlich wird es tatsächlich so sein, dass ich das Departement Soziales übernehmen werde. Das liegt mir auch sehr am Herzen. Ich wäre dort sicher am rechten Ort. Auch wenn es nicht so publikumswirksam ist und man manchmal einen Helm anziehen muss. Ich vertrete aber auch die Ansicht, dass der Stadtrat ein kollegiales Gremium ist und ich meine Erfahrungen und neue Ideen im Bereich Verkehr miteinbringen könnte, ohne dass es deswegen Probleme gibt.
Als Stadtrat hätten sie ein 60-Prozent-Pensum. Würden Sie noch etwas nebenher machen?
Es sind sich alle einig, dass die Arbeitsbelastung effektiv bei 70 bis 80 Prozent liegt. Bei meiner gegenwärtigen Beschäftigung ist es chancenlos, noch Teilzeit weiterzuarbeiten. Ich werde also kündigen. Für mich passt das aber so. Mein jüngster Sohn ist aus der Lehre, also kann ich ein bisschen Zurückschrauben und habe später zudem die Chance auf ein neues Beschäftigungsfeld. Sei es für Hobbys oder auch etwas Berufliches.
Oder im Kantonsrat?
Das ist sicher auch eine Möglichkeit. Wenn ich angefragt werde für die Liste, hätte ich da sicher Lust drauf.