Ermatingen
Drei Tage voller Sehnsucht: Das Festival Kammermusik Bodensee hat dem Publikum auf dem Lilienberg viele unbekannte Stücke präsentiert

Das Festival Kammermusik Bodensee widmete sich auf dem Lilienberg dem wehmütigen Verlangen. Am Sonntag konzertierte unter anderem das Schweizer Klaviertrio.

Inka Grabowsky
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Das Konzert des Schweizer Klaviertrios am Sonntag am Festival Kammermusik Bodensee.

Das Konzert des Schweizer Klaviertrios am Sonntag am Festival Kammermusik Bodensee.

Bild: PD/Jorim Jaggi

Was 2008 als Feier zum zehnten Geburtstag des Schweizer Klaviertrios begann, ist mittlerweile zum festen Bestandteil des Kulturlebens geworden: Das Festival Kammermusik Bodensee erfüllte von Freitag bis Sonntag den Konzertsaal auf dem Lilienberg mit seinem Klang.

Martin Lucas Staub, als Pianist Teil des Trios und gleichzeitig künstlerischer Leiter des Festivals, führt beim Abschlusskonzert durch das Programm. Zunächst kündigte er Beethovens zweites Klaviertrio in Es-Dur Opus 70 an. «Wir haben es nicht als Reminiszenz an das Festival des vergangenen Jahres ausgesucht, bei dem ‹Inspiration Beethoven› unser Motto war, sondern weil sich Beethoven als Romantiker erweist, der genau weiss, was Sehnsucht ist.» Danach präsentieren die Musiker Werke von Frank Bridge und Anton Arensky.

Ein vergessenes Stück wiederentdecken

«Ich kannte die Lieder von Frank Bridge für Sopran, Viola und Klavier selbst nicht, bevor ich auf sie stiess. Aber dann wollte ich sie unbedingt im Programm haben.» Staub bemüht sich, die vier Konzerte während des Festivals als Gesamtkunstwerk erscheinen zu lassen. Es gibt schliesslich Festivalpassinhaber, die sich keine Aufführung entgehen lassen. Nach den «Three Songs» erklärt Staub die nächste Rarität: das Klaviertrio d-Moll Opus 32 von Anton Arensky.

«Das Stück war Anfang des 20. Jahrhunderts überaus populär und ist dann aus unerfindlichen Gründen in Vergessenheit geraten.»
Das Schweizer Klaviertrio bestehend aus: Angela Golubeva (Violine), Martin Lucas Staub (Klavier) und Joël Marosi (Violoncello).

Das Schweizer Klaviertrio bestehend aus: Angela Golubeva (Violine), Martin Lucas Staub (Klavier) und Joël Marosi (Violoncello).

Bild: PD/Jorim Jaggi

Das Publikum lässt sich von den Interpretationen des Klaviertrios und der Solisten offenkundig mitreissen. «Es ist diese atemlose Stille zwischen den Sätzen, die mir zeigt, dass wir die Zuhörer mitgenommen haben», sagt Martin Staub später.

«Wir haben bei all unseren Konzerten eine emotionale Atmosphäre geschaffen, in der das Publikum bereit war, sich auf viele unbekannte Musikstücke einzulassen.»

Selten Gespieltes aufzuführen ist eine der Spezialitäten der Festivals Kammermusik Bodensee. Es soll so einzigartig sein wie der idyllische Ort über Ermatingen.

Für die drei Bridge-Songs aus dem Jahr 1907 hatte Staub mit Ruth Killius zusätzlich eine Viola-Spielerin engagiert. Es sei spannend, das Ensemble von Fall zu Fall zu erweitern, so der Musiker. Die schwedische Sopranistin Malin Hartelius übernahm nicht nur den Gesang, sondern stellte sich auch als Leiterin eines Workshops für Nachwuchs-Sängerinnen zur Verfügung. «Die acht Studentinnen haben sicherlich viel mitnehmen können», so Staub. «Und es gab einige Besucher, die als Zaungäste den Unterricht mitverfolgten.»

Die schwedische Sopranistin Malin Hartelius.

Die schwedische Sopranistin Malin Hartelius.

Bild: PD/Jorim Jaggi

Einmal voll ausgelastet

Nach dem letzten Konzert zieht Geschäftsleiter Roland Meier eine positive Bilanz: «Wir sind sehr zufrieden mit den Besucherzahlen. Zwei Drittel des Saales durften wir pandemiebedingt ausnutzen, und wir haben die 120 Besucher tatsächlich einmal geschafft. Aber es sind eben doch noch viele Menschen aus unserem Stammpublikum verunsichert.» Kammermusik stehe oft im Schatten der grossen Symphonie-Konzerte.

«Deshalb freuen wir uns, wenn wir Förderer finden. Ohne private Gönner könnten wir das Festival nicht ausrichten.»