Die Ermatinger Stimmbürger hören genau hin

Am Wahlpodium sind die vier Kandidaten fürs Gemeindepräsidium von Ermatingen erstmals öffentlich aufeinandergetroffen. Das Interesse war gross.

Nicole D'Orazio
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Podium mit den Kandidaten fürs Gemeindepräsidium von Ermatingen: Urs Tobler, Heidi Gerber, Andreas Jenny und Willi Hartmann. TZ-Redaktor Urs Brüschweiler (Mitte) moderiert die Diskussion. (Bild: Andrea Stalder)

Podium mit den Kandidaten fürs Gemeindepräsidium von Ermatingen: Urs Tobler, Heidi Gerber, Andreas Jenny und Willi Hartmann. TZ-Redaktor Urs Brüschweiler (Mitte) moderiert die Diskussion. (Bild: Andrea Stalder)

Urs Tobler mag das Weinfest am meisten, Willi Hartmann das Gangfischschiessen und bei Andreas Jenny und Heidi Gerber steht die Groppenfasnacht an erster Stelle. Das und viel anderes verrieten die vier Kandidaten für das Ermatinger Gemeindepräsidium Moderator und TZ-Redaktor Urs Brüschweiler am Montagabend. Das Interesse der Bevölkerung war gross. Über 250 Personen kamen in die Mehrzweckhalle.

Heidi Gerber, parteilos. (Bild: Andrea Stalder)

Heidi Gerber, parteilos. (Bild: Andrea Stalder)

Die Kandidaten pflegen verschiedene Führungsstile: «Ich arbeite viel mit Lernenden», sagt Gerber, die als Bildungsverantwortliche arbeitet. «Das kann einmal laisser faire und dann wieder strenger sein.» Wichtig sei, dass man auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern sei. Jenny, viele Jahre Geschäftsführer, praktiziert den kooperativen Stil. «Ich gehe auf die Mitarbeiter ein, setzte aber Entscheidungen durch. Kontrollieren und verbessern gehört auch dazu.» – «Ich heisse zwar Hartmann, führe aber eher soft», meint der Gemeindepräsident von Raperswilen und Immobilienverwalter. Er sei motivierend und poche auf die Selbstständigkeit seiner Mitarbeiter. Tobler, Vertriebsleiter, arbeitet teamorientiert. «Ich gebe klare Strukturen und Ziele vor, kontrolliere das und erwarte eine Mitarbeit.»

Der Präsident braucht weiterhin ein Vollpensum

Andreas Jenny, FDP. (Bild: Andrea Stalder)

Andreas Jenny, FDP. (Bild: Andrea Stalder)

Nach der neuen Gemeindeordnung wird der Präsident sich auf die strategische Führung konzentrieren. Der Gemeindeschreiber leitet die Verwaltung. Das Vollamt sei nach wie vor gerechtfertigt, finden die vier. «Teilzeitpensen werden meistens tief angesetzt, doch die Anforderungen und der Aufwand steigen stetig», begründet Hartmann. «Der Gemeindepräsident sollte auf der Verwaltung anwesend sein. Zudem muss man auch die Zeit für Besuche und Abendanlässe einrechnen. «Man kann nur durch Präsenz am Puls sein», meint Jenny. «Es stehen viele Projekte an und da muss man als Chef hinstehen.»

Gerber denkt, dass auch ein 90-Prozent-Pensum möglich sei, schliesslich seien Frauen multitaskfähig. «Doch weniger erscheint mir schwierig.» Der Gemeindepräsident werde ein Ressort führen und sei in den Kommissionen dabei und sei viel unterwegs, sagt Tobler. Da seien hundert Prozent gerechtfertigt.

Wie viel soll Ermatingen noch wachsen?

Der Bauboom hält an, die Bodenpreise steigen: Wie gross soll Ermatingen werden? «Seit Sommer findet eine Abwanderung statt. Doch Wachstum soll beschränkt möglich sein», findet Tobler. Die Infrastruktur müsse mitwachsen. «Eventuell wird unser Dorf so aussehen wie Tägerwilen mit den vielen Überbauungen. Da müsste man mit den Landbesitzern sprechen und das Dorf zusammen gestalten.» Sie habe Mühe mit dem verdichteten Bauen, sagt Gerber. «Es ist schade, was alles verbaut wird. Wir müssen dem Dorf Sorge tragen.»

Willi Hartmann, SVP. (Bild: Andrea Stalder)

Willi Hartmann, SVP. (Bild: Andrea Stalder)

Es brauche ein Leitbild, wie sich die Gemeinde entwickeln solle und dementsprechend wachsen, findet Jenny. «Für eine Gemeinde braucht es ein gewisses Wachstum, damit es genügend Kinder in der Schule hat», sagt Hartmann. «Wir sollten aber mehr auf die Qualität als die Quantität schauen.»

Beim Steuerfuss sind sie sich nicht einig

«Ich finde es schön, dass wir eine steuergünstige Gemeinde sind und wir sollten das beibehalten», sagt Gerber zum Steuerfuss von 40 Prozentpunkten. «Das ist auch gut fürs Gewerbe.» Man müsse sich fragen, was in den kommenden Jahren alles finanziert werden müsse, gibt Jenny zu bedenken. Es gebe keine Garantie und er wolle nicht unbedingt am Steuerfuss schrauben. «Eventuell ist er zu tief», meint Hartmann. «Man muss die Nettoverschuldung im Auge behalten. Wichtig ist ein Gleichgewicht, es soll kein Pingpong mit dem Steuerfuss geben.» Gemäss seiner strategischen Planung schaue er längerfristig, sagt Tobler. «Ich würde deswegen vorschlagen, dass wir irgendwann ein paar Prozentpunkte rauf müssen.»

Urs Tobler, FDP. (Bild: Andrea Stalder)

Urs Tobler, FDP. (Bild: Andrea Stalder)

Der Tourismus sei ein wichtiges Thema in Ermatingen, sagt Hartmann. «Es ist aber erschreckend, dass es immer weniger Restaurants und Zimmer gibt. Für eine Trendwende braucht es ein ausgewogenes Konzept.» Im Winter dürfe das Dorf ruhig etwas langweilig sein, sagt Tobler. Das müsse man geniessen. «Wir müssen aber gemeinsam aktiver sein. Private könnten Betten zur Verfügung stellen.» Ermatingen würde man wegen seiner Fasnacht und Feste weit herum kennen, findet Gerber. «Wir könnten B&Bs oder Besenbeizen fördern.» Man müsse zuerst miteinander besprechen, was es für mehr Übernachtungen benötige, sagt Jenny. «Will man das überhaupt?»

Der erste Wahlgang findet am 10. Februar 2019 statt. Am 14. Januar 2019 wird ein zweites Podium organisiert.

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