Die Bottighofer Katamaranbauer sind auf Kurs

Die Mitglieder des «Ocean Youth Sailing» befinden sich auf der Zielgeraden. Aktuell bauen sie in Bottighofen gerade die Steuerungssysteme und -geräte ein. Ab 2019 soll der Katamaran im Mittelmeer zum Einsatz kommen.

Viviane Vogel
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Die Jugendlichen des Vereins Ocean Youth Sailor bauen in Bottighofen an ihrem Katamaran, mit dem sie auf dem Meer segeln wollen. (Bild: Reto Martin)

Die Jugendlichen des Vereins Ocean Youth Sailor bauen in Bottighofen an ihrem Katamaran, mit dem sie auf dem Meer segeln wollen. (Bild: Reto Martin)

Das Ziel ist zum Greifen nahe. «Am meisten würde mich freuen, wenn ich mich auf hoher See zurücklehnen könnte, und ein Jugendlicher den Katamaran selbst steuert.» Diese Vision könnte sich für Damian Ruppen, Verantwortlicher für das Sponsoring des Projekts, schon nächstes Jahr bewahrheiten. Der Verein «Ocean Youth Sailing» ist 2014 von Mitgliedern des Jugendsegelns Steckborn gegründet worden und unterdessen als gemeinnütziger Verein anerkannt. Das Projekt: Einen Katamaran aus einem australischen Bausatz binnen zweieinhalb Jahren mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zusammenbauen und dann ab aufs Meer damit.

«In Australien ist es gang und gäbe, solche Katamarane selbst zusammen zu setzten. Oft als Projekt für die Pensionierung», berichtet Ruppen. Ihr Budget war ursprünglich auf 300'000 Franken festgelegt. Mittlerweile liegt es bei 370'000 Franken, weil das Team sich für Elektromotoren und Solarzellen entschieden hat. «Es fehlen uns noch 50'000 Franken», informiert der Kantonsschullehrer.

Projekt bietet Ausgleich und Einstiegschancen

«Es ist auch für die Eltern immer wieder erstaunlich, was Jugendliche selber auf die Beine stellen können», sagt Ruppen. Das Budget sei noch nicht vollständig, aber das Team hofft auf Unterstützung von allen Seiten. Auch jetzt, wo die Segler bereits die Steuersysteme und Geräte einbauen, können Kinder mitarbeiten. «Momentan sind wir etwa zehn bis achtzehn Helfer pro Tag, die vor allem unter der Woche hier sind», sagt Ruppen. «Am Morgen verteilen wir verschiedene Arbeitspakete, da gibt es was für jeden.»

So sieht der Katamaran von hinten aus. (Bild: Reto Martin)

So sieht der Katamaran von hinten aus. (Bild: Reto Martin)

Unter den Helfern sind auch anerkannte Flüchtlinge, die im Rahmen eines Arbeitsintegrationsprojektes in den Schweizer Arbeitsmarkt integriert werden. Momentan arbeite auch ein Syrer mit, der seit 30 Jahren Maler ist. «Im Prinzip lernen wir gerade mehr von ihm, als umgekehrt», sagt Ruppen und lacht. Auch viele Studierende sind nun während ihrer Semesterferien intensiv am Projekt beteiligt. «Es ist ein phantastischer Ausgleich zum Studium», strahlt Franziska Straden, Kassiererin des Vereins. «Beim Studieren wird man einfach nie fertig mit Lernen und man hat kein greifbares Resultat. Beim Katamaran sieht man richtig, wie er wächst.» Auch die Gruppendynamik gäbe ihr sehr viel zurück.

Eine Bande voller Problemlöser

Dem kann Ruppen beipflichten. «Wichtig ist sicher, dass der Kern des Projekts aus Leuten besteht, welche sich schon lange und gut kennen. Wenn es im Kern nicht stimmt, wirkt sich das auf den Rest aus.» Ausserdem sei das Projekt nichts für Problem-Scheue. Es sind zwar in den zweieinhalb Jahren keine grösseren Missgeschicke geschehen. «Aber wir sind immer mal wieder auf kleine Hindernisse gestossen, die man umschiffen muss. Einmal ist es eine falsche Lieferung, einmal geht ein Plan nicht auf und man muss umdenken», erklärt Ruppen.

Es sei sehr wertvoll, dass ihr Team aus Problemlösern besteht, die sich gerne an Herausforderungen wagen und kreativ in der Lösungsfindung sind. Im Zweifelsfall alle zusammen. «Wir haben von vorne nach hinten gearbeitet, denn hinten müssen die ganzen Geräte und Systeme eingebaut werden, die sehr anspruchsvoll sind.»

Konzentriert sind die Jugendlichen an der Arbeit. (Bild: Reto Martin)

Konzentriert sind die Jugendlichen an der Arbeit. (Bild: Reto Martin)

Ende August soll überall der Grobspachtel aufgetragen sein. Das sind zwei Monate später, als ursprünglich einmal geplant. Aber nicht so schlimm: «Eigentlich rechnet man mit zehn Jahren für den Bau eines privaten Katamarans – wir erledigen die Arbeit innert zweieinhalb Jahren. Was sind da schon zwei Monate mehr.»

Über Karlsruhe und Rotterdam ins Mittelmeer

In Bottighofen wird der Katamaran getestet. Danach wird er nach Karlsruhe verladen, um von dort von Jugendlichen auf dem Rhein nach Rotterdam und schliesslich ins Mittelmeer gesegelt zu werden. Dort wird er für Qualifizierungs-, Ausbildungs- und Meilentörns genutzt. Die genaue Planung und Langzeitprojekte werden dann durch die Jugendlichen spezifiziert. «Wir planen, den Katamaran bis zu 25 Wochen pro Jahr vor allem von und für Jugendliche in Betrieb zu haben», sagt Damian Ruppen. Läuft alles rund, könnte dies schon in zwei Monaten der Fall sein.

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