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Rund 500 Biber leben heute im Kanton Thurgau, einige auch in den Flüssen Sitter und Thur am Fusse der Rosenstadt. Der Biologe Philip Taxböck ist überzeugt, dass die Biber die Lebensräume an Gewässern aufwerten.
Seelenruhig und bei heiterhellem Tag spaziert ein Biber über die Rampe entlang der Sittermühle. Oben auf der Kraftwerkmauer angekommen, schwimmt er unter der Sitterbrücke Richtung Sitterdorf davon. Mit einer kurzen Filmsequenz zeigt Philip Taxböck, Biologe von Pro Natura Thurgau, dass die Biberrampe in Bischofszell gut frequentiert wird.
Der Kulturverein Literaria hatte am Dienstagabend den Biberexperten zu einem Vortrag ins Rathaus eingeladen. Im kleinen Kreis einer interessierten Zuhörerschaft wusste Taxböck viel Spannendes über ein sympathisches Tier zu erzählen.
In und um Bischofszell leben Biber in der Sitter und Thur; selbst im Thurkanal der ehemaligen Papierfabrik hat sich ein Biber häuslich niedergelassen. «Das freut uns», sagte Philip Taxböck.
Pro Natura setze sich für den Biber ein, weil dieser die Gewässer-Lebensräume neu gestalte. Die Auswirkungen seien enorm. Der Biber schaffe Lebensräume für viele Pflanzen und Kleinstlebewesen. «Wo es Biber gibt, nimmt die Biodiversität zu.»
Philip Taxböck brachte den Biber in den Rathaussaal. Er gab ein Biberfell in die Runde, man durfte an einem Fläschchen mit Bibergeil riechen und über abgeschälte Hölzer streicheln. «Zum Biber gehört eine bewegte Geschichte», erzählte der Biologe.
Vor 200 Jahren wurde der Biber in fast ganz Europa ausgerottet: Wegen seines dichten Fells (25000 Haare auf der Fläche ei- nes Fingernagels), wegen seines Sekrets (das salicylsäurehaltige Bibergeil galt als Wundermittel) und wegen seines Fleischs. Der Biber galt lange als Fisch, weshalb die Kirche erlaubte, dieses Tier auch freitags zu essen.
In den 50er- und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurden Biber aus Norwegen und Russland in die Schweiz importiert und wieder ausgesetzt. Mittlerweile habe man sich an sie gewöhnt, habe gelernt, mit ihnen zu leben, sagte Taxböck.
Biber fressen keine Fische. Sie ernähren sich im Sommer von Löwenzahn und Klee, im Winter von der Rinde von Weichhölzern. «Der Biber fällt keine Bäume, weil er die Landschaft gestalten will, sondern weil er nicht klettern kann und doch an die jungen Äste kommen möchte.»
Das Holz brauche der Biber für seinen Bau und die Dämme, die er anlegt, um den Wasserstand konstant zu halten. Der Eingang zum Bau liege unter Wasser, damit der Fuchs die jungen Biber nicht holen kann.
«Biber sind sehr soziale Tiere», führte Philip Taxböck weiter aus. Sie lebten in Monogamie und zögen ihre Jungen gemeinsam auf. Diese blieben während zwei Jahren im Bau der Eltern und wurden von ihnen in die Biber-Baukunst eingewiesen. Eine Biber-Überbevölkerung ist nach Einschätzung von Philip Taxböck nicht zu befürchten.
Biber leben in einem Reviersystem. Revierkämpfe bedeuten Stress, und bei zu viel Stress gibt es keinen Nachwuchs. Ein trockener Sommer wie im Jahr 2018 dürfte den Bibern stark zugesetzt haben. «Wir beobachten, dass die von den Bibern zu Auen umgestalteten Lebensräume an Gewässern weniger austrocknen als andere», sagte der Biologe.