Brandausbruch auf ehemaligem Areal der Stahlseilfirma Fatzer in Romanshorn – Polizei geht davon aus, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde

Auf dem ehemaligen Areal der Firma Fatzer in Romanshorn hat es am frühen Mittwochabend an mehreren Stellen gebrannt. Die Kantonspolizei Thurgau geht davon aus, dass das Feuer vorsätzlich gelegt wurde. Der Sachschaden beträgt nach ersten Erkenntnissen einige tausend Franken. Wenige Tage davor wurde die Firma Fatzer Opfer eines Hackerangriffs.

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(red.) Feuerwehreinsatz am Mittwochabend in Romanshorn: Kurz nach 19 Uhr ging die Meldung ein, dass es an der Salmsacherstrasse, auf dem ehemaligen Areal der Stahlseilfirma Fatzer, brenne. Die Kantonspolizei Thurgau bestätigt am Dienstag die Berichte von Augenzeugen, die angaben, dass es zu mehreren kleinen Feuern auf dem Areal gekommen sei.

Mediensprecher Michael Roth sagt:

«Wir gehen davon aus, dass die Brände vorsätzlich gelegt worden sind.»

Gemäss den bisherigen Erkenntnissen wurden zwei lagernde Gegenstände in der Industriehalle in Brand gesteckt. Wie Roth erklärt, sei das Gebäude nicht komplett abgeriegelt gewesen, sodass jeder, der hinein wollte, auch die Möglichkeit dazu gehabt hat.

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Reto Martin

Bei den Bränden, die rasch unter Kontrolle gebracht werden konnten, entstand ein Sachschaden von einigen tausend Franken. Verletzt wurde niemand.

Im Einsatz standen rund 50 Einsatzkräfte der Stützpunktfeuerwehr Romanshorn sowie der Feuerwehr Salmsach und dem Feuerwehrverbund Dozwil-Uttwil-Kesswil. Auch der Rettungsdienst war vor Ort. Der Brandermittlungsdienst sowie der Kriminaltechnische Dienst der Kantonspolizei Thurgau haben die Ermittlungen aufgenommen.

Feuerwehreinsatz in Romanshorn: Rauch dringt aus dem ehemaligen Fatzer-Areal.

Feuerwehreinsatz in Romanshorn: Rauch dringt aus dem ehemaligen Fatzer-Areal.

Bild: Reto Martin

Polizei sucht Zeugen

Die Kantonspolizei Thurgau bittet Personen, die Angaben zur Täterschaft machen können oder Beobachtungen gemacht haben, sich beim Kantonspolizeiposten Romanshorn unter 058 345 22 00 zu melden.

Fatzer wurde vor wenigen Tagen gehackt

Das Romanshorner Stahlseilunternehmen Fatzer – es produziert mitterweile nicht mehr auf seinem ursprünglichen Areal, sondern im Industriegebiet Hof – war am Mittwoch wegen Angriffen von Cyberkriminellen in die Schlagzeilen geraten. Ziel des Cyberangriffs vom vergangenen Donnerstag war die Aargauer Brugg Group, die Mutterfirma der Fatzer AG. Weil die IT-Systeme der beiden Firmen jedoch miteinander verbunden sind, legten die Cyberkriminellen auch die Fatzer-Systeme lahm. Wie die Brugg Group in einer Medienmitteilung bekannt gab, verschlüsselten die Täter Daten auf den IT-Systemen des Konzerns. Als Sofortmassnahme fuhr die Brugg Group deshalb alle IT-Systeme der ganzen Gruppe herunter. Diese Massnahme wirkt sich auch auf die Fatzer AG in Romanshorn aus – auch ihre Systeme wurden heruntergefahren.

Gegenüber der Luzerner Zeitung bestätigt Patricia Iten, Sprecherin der Brugg Group:

«Die Täter haben eine Geldforderung gestellt.»

Offen bleibt, wie hoch diese Forderung ist und ob die Brugg Group darauf eingehen wird. Aus ermittlungstaktischen Gründen macht die Firma dazu keine Angaben. Auch zur Identität und zum Vorgehen der Täterschaft äussert sich die Mediensprecherin der Brugg Group nicht. Wie der Angriff gelingen konnte, wird derzeit von internen und externen IT-Spezialisten und von Forensikern abgeklärt. Iten sagt: «Die IT-Infrastruktur der Brugg Group und damit die Fatzer-Systeme sind nach heutigen Sicherheitsstandards geschützt.»

Fatzer ohne Produktionsunterbruch

Trotz Server-Shutdown: Der Angriff scheint für die Romanshorner Stahlseilfirma glimpflich ausgegangen zu sein. Iten sagt:

«Der Produktionsbetrieb der Fatzer war nicht betroffen und konnte ohne Unterbruch weitergeführt werden.»

Derzeit ist unklar, ob zwischen dem Cyberangriff und der Brandstiftung auf dem ehemaligen Firmengelände ein Zusammenhang besteht. Die Kantonspolizei Thurgau kann dazu keine Angaben machen.

Das vierte Opfer

Thurgauer Firmen haben mit Hackern zu kämpfen


Bereits 2014 war erstmals eine grosse Thurgauer Firma Ziel eines Cyberangriffs. Weissrussische Hacker attackierten die Hüttwiler Baufirma Nüssli. Der Angriff beschränkte sich auf die Website – das interne Netzwerk blieb verschont. Im April 2019 attackierten Cyberkriminelle die Frauenfelder Firma Aebi Schmidt. Der Angriff setzte den Mailverkehr und die Microsoft-Windows-Programme des Fahrzeugbauers ausser Gefecht. Nur einige Tage später legte eine Schadsoftware die Firma Swiss Windows lahm. Es folgte ein einmonatiger Produktionsausfall mit hohen Folgekosten. Im Februar 2020 musste die Swiss Windows den Konkurs anmelden – 170 Angestellte in Mörschwil SG, in Müllheim TG und im Kanton Solothurn wurden entlassen. Der damalige CEO machte unter anderem den Hackerangriff für den Konkurs verantwortlich. Der letzte grosse Zwischenfall im Kanton Thurgau ereignete sich im Mai 2020. Hacker stahlen Daten der Stadler Rail und versuchten, sechs Millionen Dollar zu erpressen. Um den Zugbauer aus Bussnang unter Druck zu setzen, veröffentlichten die Hacker zweimal einen Teil der gestohlenen Daten – Die Stadler Rail war trotzdem nicht zu einer Zahlung bereit.