Blumen lassen sie vergessen: Wie diese junge Eritreerin ihre Chance zu einer Ausbildung als Floristin in Amriswil nutzte

Seit fünf Jahren lebt Yohana Okbaselasie in der Schweiz, seit 3.5 Jahren in Amriswil. Dort arbeitet sie als Floristin bei Ginkgo Blumen.

Eva Wenaweser
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Yohana Okbaselasie an ihrem Arbeitsort im Amriswiler Blumenladen Ginkgo. (Bild: Reto Martin)

Yohana Okbaselasie an ihrem Arbeitsort im Amriswiler Blumenladen Ginkgo. (Bild: Reto Martin)

«Ich bin überrascht, dass ich noch lebe.» Mit diesen Worten hat die gebürtige Eritreerin Yohana Okbaselasie ihre Vertiefungsarbeit beendet. Diese schrieb sie im Rahmen ihrer zweijährigen Ausbildung als Floristin EBA. Im Gegensatz zum Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis EFZ (3 Jahre) ist das Eidgenössische Berufsattest (EBA) eine verkürzte Ausbildung (2 Jahre).

In ihrer Arbeit thematisierte Yohana Okbaselasie ihre Flucht in die Schweiz. Sie ist sich sicher: Nachdem sie das überstanden hat, übersteht sie alles, und es kann nur noch besser werden.

Im Jahr 2014 kam Okbaselasie in die Schweiz und begann im Oktober 2016 bei Ginkgo Blumen in Amriswil zu arbeiten. Sie absolvierte dort ein Praktikum und fing anschliessend die Lehre an. Weshalb sie aus Eritrea geflohen ist? Bei dieser Frage verschwindet das Lächeln der 25-Jährigen zum ersten Mal und der Ausdruck in ihren dunkelbraunen Augen zeigt, dass sie nicht gerne über dieses Thema redet. «In Eritrea gibt es keine Demokratie. Zudem müssen auch die Frauen ins Militär. Die Bedingungen sind aber alles andere als gut», sagt Okbaselasie.

Zum jetzigen Zeitpunkt könne sie sich nicht vorstellen, wieder zurück in ihre Heimat zu gehen.

«Das einzige was ich vermisse, ist meine Familie.»

Damit meine sie ihre Mutter, ihre Schwester und ihre fünf Brüder. Der Vater sei bereits vor zehn Jahren verstorben.

Der steinige Weg zur Floristin

Nach ihrer Ankunft in die Schweiz habe sie nach einer Stelle zum Schnuppern gesucht. «Die Arbeit mit Blumen hat mir von Anfang an gefallen», sagt Okbaselasie. Sie konnte sich im Vorfeld nicht viel unter dem Beruf vorstellen, doch nachdem sie mitarbeiten durfte, habe sie sich gleich gedacht:

«Das ist mein Beruf.»

Schwieriger sei dann die Ausbildung geworden, weil sie teilweise immer noch Schwierigkeiten mit der Sprache hatte. «Deutsch ist für mich eine schwierige Sprache», sagt die Eritreerin mit den dichten schwarzen Locken. Nervös fasst sie sich ans Kinn und spielt mit ihrem rotgrauen Schal. «Meine Muttersprache ist Tigrinisch. Dabei sind sowohl die Schrift als auch die Buchstaben anders. Ich musste quasi bei null anfangen», sagt Okbaselasie. Mit der Zeit sei es dann besser geworden, doch das Aussprechen von Umlauten bereite ihr teilweise immer noch Schwierigkeiten. Beim Versuch, das zu demonstrieren, muss sie über sich selber lachen.

Monika Laib, Geschäftsführerin von Ginkgo Blumen und Chefin von Okbaselasie, sagt, wie zufrieden sie mit ihrer Mitarbeiterin ist: «Yohana hat sehr gut abgeschlossen, aber es war ein langer und harter Weg für uns alle.» Stolz erzählt Monika Laib, wie sich das ganze Team daran beteiligt habe, mit Okbaselasie zu repetieren und für die Prüfungen zu lernen.

«Es war für alle eine gute Erfahrung zu merken, wie erfüllend es für alle im Team sein kann, jemandem zu helfen.»

Ihre Stärke ist auch ihre Schwäche

Die grösste Stärke von Yohana Okbaselasie sieht sie auch als eine ihrer Schwächen an. «Sie weiss genau was sie will, die Kehrseite ist, dass sie auch genau weiss, was sie nicht will», sagt Monika Laib und sowohl sie als auch Okbaselasie beginnen zu lachen. «Wenn sie dann aber verstanden hat, dass dieser Weg nur zu ihrem Besten ist, gestaltet sich der Umgang mit ihr sehr einfach», sagt Laib. Okbaselasie mache immer einen ausgeglichenen und zufriedenen Ausdruck.

«Ausserdem hat sie stets ein Strahlen im Gesicht, das hilft ihr auch im Umgang mit Kunden.»

Diese hätten Yohana Okbaselasie gleich als Mitarbeiterin bei Ginkgo akzeptiert.