Arbon
«Wir haben das Potenzial zur Museumsfabrik»: Wie sich der Leiter des Saurer-Museums das kantonale Historische Museum in Arbon vorstellt

Ruedi Baer hat viele Museen dieser Welt besucht. Und er hat ein paar konkrete Ideen, die er den Planern des Historischen Museums Thurgau in Arbon mit auf den Weg gibt.

Annina Flaig
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Museumsleiter Ruedi Baer im Bistro des Saurer-Museums in Arbon.

Museumsleiter Ruedi Baer im Bistro des Saurer-Museums in Arbon.

Reto Martin

Für die gute Sache muss man manchmal laut trommeln. So beschreibt Ruedi Baer auch die Aufgabe der Arboner Arbeitsgruppe Historisches Museum Thurgau. Das Gremium setzte sich seit Anfang 2017 für Arbon als zukünftigen Standort des Historischen Museums Thurgau ein und hat sein Ziel eigentlich schon erreicht. Bekanntlich hat sich der Regierungsrat im Juni des letzten Jahres nämlich entschieden, zumindest einen Teil des Historischen Museums Thurgau in Arbon anzusiedeln. Es ist der Teil der neueren Thurgauer Geschichte.

Ruedi Baer, Leiter des Saurer-Museums, ist eines von aktuell sieben Mitgliedern der lokalen Arbeitsgruppe rund um Stadtpräsident Dominik Diezi (siehe Kasten). Aktuell überlegt sich das Gremium, wie das Museum optimal in die Stadt Arbon eingebettet werden kann. Es gehe um das «Drumherum». Doch auch was die konkrete Ausgestaltung von Museen angeht, ist Baer ein Experte. Das Saurer-Museum trägt seit 2015 den Titel «The Best in Heritage» und darf sich zu den besten Museen der Welt zählen. Zudem hat Baer zahlreiche Museen rund um den Globus besucht und sagt, viele Interessierte würden sich heute nicht mehr nur passiv mit Informationen berieseln lassen wollen.

Ruedi Baer, Leiter des Saurer-Museums in Arbon.

Ruedi Baer, Leiter des Saurer-Museums in Arbon.

Reto Martin
«Museumsbesucher wollen etwas tun, Maschinen ausprobieren und etwas Spannendes erleben.»

Der Aufruf von Martin Schlegel kommt laut Baer deshalb wie gerufen. Schlegel betreibt eine über 100-jährige Handsiebdruckerei in der Webmaschinenhalle, just in jener Halle also, welche als Standort für das Kantonale Historische Museum im Vordergrund steht.

Wie diese Zeitung berichtete, bangt Schlegel um die Zukunft seiner Firma. Er schlägt den Verantwortlichen deshalb vor, gemeinsame Sache zu machen, respektive er will Teil des neuen Museums in Arbon werden.

Baer bezeichnet es als ideal, dass es in der Webmaschinenhalle, wo einst Textilmaschinen hergestellt wurden, eine funktionierende und historisch wertvolle Textildruckerei gibt, die zudem noch Teil einer Firma ist. Solche Gelegenheiten gelte es zu nutzen.

Das Saurer-Werk Zwei in Arbon mit der ehemaligen Webmaschinenhalle könnte in Zukunft das neue Historische Museum des Kantons Thurgau beherbergen.

Das Saurer-Werk Zwei in Arbon mit der ehemaligen Webmaschinenhalle könnte in Zukunft das neue Historische Museum des Kantons Thurgau beherbergen.

Reto Martin (Arbon, 4.6.2020)

Nicht vergessen werden darf laut Ruedi Baer auch das Textilland Ostschweiz, welches mit dem Saurer-Museum bereits eine Partnerschaft hat. Der 2010 initiierte Verein «Textilland Ostschweiz» will die Ostschweiz touristisch als «Textilland» positionieren und hat derzeit ebenfalls eine Studie in Auftrag gegeben, welche herausfinden soll, in welche Richtung es touristisch und wirtschaftlich weiter gehen soll. Auch hier muss man nach Meinung von Ruedi Baer anknüpfen. Er sagt:

«Arbon hat das Potenzial zur Museumsfabrik.»

Baer meint damit ein Museum, in welchem die Besucher selbst tätig werden. Als Inspirationsquelle dient ihm das Textil- und Industriemuseum (tim) in Augsburg, welches eine solche Museumsfabrik enthält. Dort rattern historische Webstühle neben modernen High-Tech-Maschinen. Auf einem historischen Saurer Schützenwebstuhl werden beispielsweise Handtücher produziert, welche im Shop verkauft werden. Letzteres passiert übrigens auch in der Textilabteilung im Arboner Saurer-Museum. Weit über tausend solcher Tücher wurden auch in Arbon bereits verkauft.

Einweihung der Fädelimaschinen-Ausstellung im Saurer-Museum in Arbon.

Einweihung der Fädelimaschinen-Ausstellung im Saurer-Museum in Arbon.

Reto Martin (Arbon, 23.10.2020)

Martin Schlegel, Inhaber der Handsiebdruckerein in der Webmaschinenhalle geht in eine ähnliche Richtung. Vor zwei Wochen hat er gegenüber dieser Zeitung gesagt:

Martin Schlegel, Geschäftsführer der Handsiebdruckerei TDS in der Webmaschinenhalle.

Martin Schlegel, Geschäftsführer der Handsiebdruckerei TDS in der Webmaschinenhalle.

Donato Caspari
«Besucher könnten bei mir ihre eigene Bettwäsche oder Foulards bedrucken und als Souvenir aus Arbon mit nach Hause nehmen.»

Im 200 Kilometer von Arbon entfernten Augsburg, könnte sich nach Meinung von Baer deshalb auch Bellprat Partner inspirieren lassen. Die Zürcher Agentur hat vom Regierungsrat nämlich den Auftrag zur Erstellung des Museumskonzepts erhalten. Darin sollen unter anderem Fragestellungen zu Inhalt, Betrieb und Finanzen sowie Kooperationspartner und touristische Synergienutzung geklärt werden. Der zuständige Ivan Funk weilte letzte Woche noch in Dubai, wo die Zürcher Agentur den Schweizer Pavillon für die Expo kreiert.

Auf Anfrage erklärt Funk, die Aufgabe von Bellprat Partner in Arbon sei unter anderem, eine Aussenperspektive und die internationale Erfahrung mit Ausstellungsprojekten in die Studie einzubringen. Die Agentur habe deshalb von Anfang an mit verschiedenen lokalen Experten Kontakt aufgenommen und deren Inputs und Know-how wenn möglich in die Studie integriert. Auch mit Ruedi Baer hatte er Kontakt. Das Gespräch sei spannend und unterhaltsam gewesen.

Iwan Funk, Managing Partner bei der Agentur Bellprat Partner.

Iwan Funk, Managing Partner bei der Agentur Bellprat Partner.

PD
«Baer hat einen riesigen Erfahrungsschatz und seine Arbeit im Museum ist beeindruckend.»

Welche Inputs von Baer es tatsächlich auf das Papier von Bellprat Partner schaffen, verrät Funk allerdings nicht. Man sei gerade im Schlussspurt bei der Studie, die voraussichtlich Ende März dem Regierungsrat übergeben werde. Nur so viel: Das neue Museum müsse den modernen Ansprüchen gerecht werden und werde auch verschiedene regionale, kantonale, nationale und internationale Partnerschaften, Zusammenarbeiten und Integrationen anstreben.

Bis Ende März will der Kanton ausserdem klären, ob die Webmaschinenhalle oder das Zentrallager als Standort besser geeignet ist. Eigentümer beider Gebäude ist die HRS Investment AG.

Die Arboner Arbeitsgruppe für das Museum

Die Arbeitsgruppe Historisches Museum Thurgau ist politisch sowie fachlich breit abgestützt. Nebst Ruedi Baer, Leiter Saurer-Museum, gehören ihr folgende Personen an: Max Gimmel, ehemaliger Parlamentarier (FDP), Peter Gubser, ehemaliger Stadtrat (SP), Paolo Spagnolo, Geschäftsführer des MoMö Museums, Andrea Vonlanthen, ehemaliges Mitglied des Grossen Rates (SVP), Unternehmer Hermann Hess (FDP) und der Arboner Stadtpräsident Dominik Diezi, der das Gremium führt.