Die Stadt hat am Donnerstagabend das neue Tourismuskonzept vorgestellt. Das Vorgehen sei beispielhaft, sagt Rolf Müller, der Geschäftsführer von Thurgau Tourismus.
Viele kommen, die wenigsten bleiben. Jährlich fahren rund 400'000 Personen mit dem Velo auf dem Weg um den Bodensee in Arbon vorbei. Die Stadt hat fast nichts von ihnen. Nur wenige halten hier, und noch weniger sehen sich die Altstadt an. «Die Wertschöpfung ist relativ klein», sagt Stadtpräsident Dominik Diezi. Die Stadt will das riesige Potenzial künftig besser ausschöpfen und die Attraktionen aktiver vermarkten, sodass auch Menschen auf Arbon aufmerksam werden, die bis jetzt nicht daran gedacht haben, die Stadt zu besuchen.
Wie das gehen soll, ist im neuen Tourismuskonzept beschrieben, das die Stadt in Zusammenarbeit mit der Anderegg Tourismus Denkfabrik, mit Thurgau Tourismus, Arbon Tourismus und Leistungsträgern ausgearbeitet hat. Am Donnerstagabend stellten die Verantwortlichen das Papier der Öffentlichkeit vor. Rund ein Dutzend Personen folgten der Einladung in den Seeparksaal. Ziel der Bemühungen ist nicht Masse, sondern Klasse, machte Stadtpräsident Dominik Diezi klar. «Wir streben ein qualitatives Wachstum an.» Und besonders wichtig: Auch die eigene Bevölkerung soll von den Massnahmen profitieren.
Arbon habe viel zu bieten, sagte Roland Anderegg von der gleichnamigen Firma.
«Ich bin überzeugt, die Stadt bietet Erlebnispotenzial für drei bis vier Tage.»
Vieles sei schon gut, einiges könne aber noch besser gemacht werden. Auch in der Vermarktung gebe es Luft nach oben. Das Konzept legt drei Entwicklungsschwerpunkte fest: Im Fokus steht zum einen die Aufwertung des Seeufers und der Altstadt. Zum anderen ist geplant, das kulturelle und museale Angebot zu stärken.
Dieses Anliegen ist nicht neu: Bereits 2019 hat der Stadtrat ein Konzept verabschiedet, das helfen soll, Arbon im Kanton und der Bodenseeregion als Kultur-, Kunst- und Museumsstadt zu positionieren. Die Tafeln an den Ortseingängen stehen bereits. Um das Versprechen einzulösen, brauche es nebst Grossveranstaltungen eine Fülle von kleinen und feinen Angeboten, sagte Anderegg.
Handlungsbedarf gibt es in vielen Bereichen, beispielsweise bei den Campern. Es hat zu wenige Stellplätze. Die Nachfrage ist riesig. Für Wohnmobile von Durchreisenden hat die Stadt dieses Jahr bereits einen Teil des Parkplatzes beim Strandbad frei gemacht. Für die Fahrt in die Stadt stehen den Kurzzeitaufenthaltern E-Scooters beim Strandbad zur Verfügung.
Wer länger bleiben wollte, hatte in diesem Sommer vielfach Pech. Der Campingplatz war oft voll. Die Stadt ist bekanntlich daran, zusätzliche Stellplätze zu schaffen, was im ersten Anlauf am Widerstand der Bevölkerung scheiterte. Diese wollte die Wiese des Strandbades nicht dafür hergeben. «Wir sind jetzt mit diversen privaten Landbesitzern im Gespräch», sagte Markus Rosenberger, der Leiter der städtischen Abteilung Freizeit/Sport/Liegenschaften. Mehr könne er im Moment nicht dazu sagen. Erneuerungsbedarf sieht das Tourismuskonzept aber auch bei der Infrastruktur des Campingplatzes selber. Nicht nur die sanitären Anlagen sind in die Jahre gekommen. Investitionen sind ebenfalls beim Strandbad angedacht.
Überlegungen macht sich die Stadt aktuell, wie sie die vielen Velofahrer dem See entlang auf einer alternativen Route in die Altstadt bringen könnte, sagte Diezi. Was es braucht, damit diese attraktiver auch für Touristen wird, hat die Stadt diese Woche bereits ausführlich dargelegt: Am Mittwoch stellte sie die neue Nutzungsstrategie der Bevölkerung vor.
Geschaffen hat die Stadt bereits diverse Einstiegsorte für Stand-up-Paddler, unter anderem beim Seeparksaal. Das Gelände dort würde sich auch als Alternative zum Jakob-Züllig-Park für Hochzeiten, Apéros oder Heiratsanträge eignen, sagte Rosenberger. Perfekt sei die weitläufige und naturnahe Anlage ebenfalls für Yoga und anderes mehr.
Einiges erhofft sich die Stadt zudem von den gastronomischen Zwischennutzungen am See. Die meisten Projekte sind zwar im Moment durch Einsprachen blockiert. Dass sie zur grossen Bereicherung werden könnten, zeigten die Beispiele der «Veranda» beim Hotel Metropol und des «Sauren Gartens» vor dem Saurer Museum, sagte Rosenberger.
Arbon Tourismus plane neue Stadtführungen, sagte Trägervereinspräsidentin Evelyna Jung. Rosenberger begrüsst diese Entwicklung sehr.
«Wir sollten die reiche Geschichte der Stadt besser verkaufen.»
Wichtig für Jung ist, dass Arbon breit aufgestellt ist. «Wir müssen auch die Kinder und Jugendlichen abholen.»
Neue Angebote zu schaffen und diese an den Mann und die Frau zu bringen, sei wichtig, sagte Rolf Müller, der Geschäftsführer von Thurgau Tourismus. Ebenso wichtig sei es aber, den Gästen das Leben in Arbon so einfach wie möglich zu machen, wenn sie denn einmal hier seien. Sie müssten sich schnell orientieren können und an die richtigen Orte geführt werden. Für den Hafen etwa soll es eine App geben, die es auswärtigen Schiffsbesitzern kinderleicht macht, einen Platz für eine Übernachtung zu reservieren.
Das Vorgehen von Arbon sei beispielhaft, sagte Müller, der zwölf Jahre lang das Hotel Metropol führte und die Verhältnisse vor Ort entsprechend gut kennt. «Es könnte Schule machen in anderen Städten und Gemeinden.» Die touristische Vorwärtsstrategie gelinge aber nur, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen würden, was in Arbon der Fall sei. Stärke erwachse aus einer Bündelung der Kräfte und einer koordinierten Kommunikation, sagte Müller. Für ihn der zentrale Erfolgsfaktor.
Aus dem Publikum gab es mehrheitlich positive Rückmeldungen auf das Konzept. «Ich bin begeistert, was läuft», sagte etwa Mitte-Präsident Aurelio Petti, der selber über Erfahrung in der Tourismusbranche verfügt. Doch nicht allen gefiel die Aussicht auf noch mehr Ausflügler und Touristen am See. Es gebe an schönen Tagen heute schon teilweise kein Durchkommen mehr, meinte ein Mann. «Wann ist genug?», fragte er. Zentral sei, die Besucherströme geschickt zu lenken, sagte Müller. In der Altstadt sei noch viel Platz, sagte Diezi.