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Das einstige Schulhaus Mühlebach war Schauplatz von Dreharbeiten für eine neue 3D-Animation-TV-Serie, die international durchstarten will. Ihr Erfinder wohnt am Bodensee.
«Wir drehen die Szene nochmals», sagt Chris Djuritschek. Und gerade als die nächste Klappe fallen sollte, trifft die Essenslieferung ein. Djuritscheks Assistentin schlängelt sich im Treppenhaus des Schulmuseums zwischen der Kamera und der jungen Darstellerin durch und deponiert die Verpackungen mit Pizza, Burger und Salat im Konferenzraum im ersten Obergeschoss, gleich gegenüber des historischen Schulzimmers. Die Atmosphäre ist familiär, die Filmcrew ist klein. Nichts lässt vermuten, dass hier Filmmaterial gedreht wird, das einst in über hundert Ländern zu sehen sein wird. So jedenfalls malt sich Chris Djuritschek die Zukunft aus.
Die Gegenwart an diesem Sonntag heisst vorerst Mühlebach. Djuritschek suchte im Internet nach einem alten Schulzimmer – und er wurde hier im Westen Amriswils fündig. «Nein, ich kannte das Schulmuseum vorher noch nicht», gibt der 53-jährige Deutsche zu, obwohl er ganz in der Nähe wohnt. In Rorschach. Hierher zog er vor fünf Jahren und er sagt über seine neue Heimat:
«Hier fühle ich mich zum ersten Mal in meinem Leben so richtig zu Hause.»
Und vom Bodensee aus will er die Welt erobern. Nicht alleine, sondern mit seiner Miss Bellyfoo.
Mehr als zehn Jahre dauert ihre Beziehung bereits. Dennoch ist sie nicht Djuritscheks Freundin. Miss Bellyfoo ist eine Figur, die er sich ausgedacht hat. Sie ist die Heldin seiner Animationsserie. Das besondere an dieser Serie: Sie ist ein Mix aus Animation und mit richtigen Menschen. So wie Paul-Marie Diby. Die 13-Jährige steht zum ersten Mal vor der Kamera und spielt ein Mädchen in einer afrikanischen Schule.
Dass Chris Djuritschek auf Laienschauspieler setzt, ist keine Frage des Geldes, viel mehr eine Frage der Chance für junge Talente. Das liegt nicht nur an Miss Bellyfoo (siehe Kasten), sondern auch an Djuritscheks eigener Biografie. Als Kind wuchs er in Wendelstein in der Nähe von Nürnberg auf. Musik und Tanz waren schon früh seine Leidenschaften, wurden jedoch nicht gefördert. Trotz dieser Widrigkeiten ging Djuritschek beharrlich seinen Weg und fasste dennoch in diesem Business Fuss.
Miss Bellyfoo lebt im Daba Diba Duba Land und kann als Einzige zwischen diesem Königreich und der Erde hin und her reisen, weil sie einst als Kind auf der Erde gelebt hat. Sie besitzt die Gabe, talentierte Kinder zu entdecken. Diese jungen Freunde sollen ihr helfen im Kampf gegen den bösen Mastermoll und dessen Diener, welche mit dem Daba Diba Duba Land nur Böses im Schild führen. Dieses soll jedoch ein Ort des Glücks bleiben. (man)
Blickt Chris Djuritschek zurück, so kann er im musisch-künstlerischen Bereich doch einige Erfolge verbuchen, obwohl er sich alles selbst beigebracht hatte. So sah er beispielsweise den Sieger der deutschen Meisterschaft im Streetdance und dachte:
«Das kann ich auch.»
Djuritschek übte und trainierte hart – und war ein Jahr später selbst Deutscher Meister, wurde später sogar Vizeeuropameister. In der Folge erhielt er eine Einladung, mit Michael Jackson auf der Bühne zu tanzen.
Jetzt fördert «Mister Bellyfoo» also nicht sein eigenes Talent, sondern solche wie seinen Kamermann Timo Paul Rissmann. Der 20-Jährige stammt ebenfalls aus Wendelstein, wurde Djuritschek von einer guten Freundin empfohlen – und er nutzte seine Chance.
Ungewöhnlich für ein Projekt von diesem Ausmass, denn Djuritschek denkt in grossen Dimensionen und vieles spricht dafür, dass «Miss Bellyfoo» international durchstartet. Als Scriptwriter, also jener, der die Geschichten der Serie schreibt, fungiert kein geringerer als Jeffrey Scott. Der Amerikaner erhielt für «Muppet Babies» dreimal den Emmy Award, den bedeutendsten Fernsehpreis in den USA. Und auch für «Spider-Man» und die «Teenage Mutant Ninja Turtles» schrieb er.
Es erstaunt deshalb nicht, dass auch Hollywood bereits Interesse an «Miss Bellyfoo» bekundet, doch Chris Djuritschek will die Kontrolle bei sich behalten, gründete dazu seine eigene Firma «Foo Entertainment» und fand dafür auch Geldgeber in der Schweiz, die an sein Projekt glauben.
Diese Woche nimmt Djuritschek bei der Kidscreen-Messe in Miami teil und führt Gespräche mit Netflix und Amazon. Zeitgleich sind bereits die Pläne für einen ersten «Miss Bellyfoo»-Themenpark in Albanien weit fortgeschritten. Es scheint, als hätte Chris Djuritschek dank Miss Bellyfoo erst sein wahres Talent entdeckt.