Mittwoch und Donnerstag erhielten Amriswiler Senioren im APZ und in der Alterssiedlung den Covid-19-Impfstoff.
Ein kleiner Pieks und Kurt Stutz kann sein Oberteil bereits wieder über den entblössten linken Arm ziehen. Es blieb kaum Zeit, das Foto zu machen – geschweige denn mit Kurt Stutz über die Covid-19-Impfung zu sprechen, die er soeben erhalten hat. Diese Gelegenheit ergibt sich aber unmittelbar danach, weil alle Geimpften noch eine Viertelstunde in der Lobby der Alterssiedlung Amriswil (ASA) verweilen sollten, falls Komplikationen auftreten würden.
«84 Prozent würden nach der Impfung ein Brennen spüren, hat’s geheissen», sagt Stutz, als er zwei Minuten später auf dem gepolsterten Sofa sitzt. Er hat sich informiert. «Ich habe mit meiner Ärztin Rücksprache genommen», sagt er, wollte sich eigentlich von ihr impfen lassen. Doch weil diese den Impfstoff erst später bekomme, nahm Stutz das Angebot am Donnerstagvormittag wahr.
Kurt Stutz spürt jedoch nichts wie die meisten anderen seiner Nachbarn. Lediglich eine Frau habe sich über etwas Schwindel beklagt, sagt Ursula Knellwolf, die Leiterin Betreutes Wohnen. Sie verrät, dass sich 64 der insgesamt 75 Mieter an der Impfaktion beteiligen würden. Ein halbes Dutzend wollte aus religiösen Gründen nicht, zwei weitere Personen seien an Corona erkrankt gewesen, müssen deshalb noch warten, und weitere zwei hätten nach der Grippeimpfung schwere Nebenwirkungen gehabt, dass sie nun vor der Coronaimpfung Angst hätten.
Bereits am Tag zuvor wurden die Bewohner des gegenüberliegenden Alters- und Pflegezentrums (APZ) geimpft. «Es lief alles wie am Schnürchen», lautet auch das Fazit von Dominique Nobel, Leiter des APZ. Man sei zwei Stunden früher als geplant fertig gewesen.
Insgesamt 132 Dosen seien verimpft worden, sagt Nobel. 43 an APZ-Bewohner, der Rest an das Personal und externe Dienste wie etwa Physiotherapeuten, die für das APZ tätig sind. Nur 43 Impfungen auf 130 Bewohner, die das APZ üblicherweise hat, scheinen auf den ersten Blick wenig. Doch Dominique Nobel klärt auf: Aktuell seien es 105 Bewohner im APZ, das bis Mitte Dezember von Coronafällen verschont blieb, dann aber hart getroffen wurde und einige Todesfälle zu beklagen hatte. Von den 105 aktuellen Bewohnern hätten doch einige das Virus gehabt und sich deshalb am Mittwoch noch nicht impfen lassen können. Von den übrigen habe dann etwa rund ein Viertel auf eine Impfung verzichtet.
Kurt Stutz sitzt mittlerweile bereits seit einer Viertelstunde in der Lobby und erzählt von sich und seiner Familie, die jedoch im Mittelland zu Hause sei. Den gebürtigen Aargauer verschlug es einst berufshalber in die Ostschweiz. Der 76-Jährige war stellvertretender Filialleiter in der EPA beim St. Galler Marktplatz Bohl, wohnte in Hauptwil und entschied sich vor sechs Jahren, in der Alterssiedlung eine Wohnung zu mieten, «weil hier mehr los ist», wie er sagt.
Er habe schnell Anschluss gefunden, sagt Stutz. «Wir sind fünf Rentner, die sich täglich zum Stamm im ‹Amriville› treffen.» Dort nimmt er jeweils ein «Käfeli und es Gipfeli» und liest die Zeitung. Diese Treffen, vergangenen Sommer und Herbst noch möglich, fallen im Moment aus. Kurt Stutz vermisst seine Stammtischfreunde, auch wenn sie hin und wieder telefonieren. «Aber es ist eben schon nicht dasselbe, wie wenn man sich sieht.» Auch deshalb liess er sich impfen, weil er hofft, so kehre bald möglichst wieder der Alltag wie vor Corona ein – und er wieder soziale Kontakte pflegen und «es Käfeli» trinken kann.