Steuerreform Die St. Galler Landeskirchen verlieren bei Annahme der Unternehmensteuerreform III jährlich Millionen: die Katholiken rund drei Millionen Franken, die Reformierten 1,5 Millionen. Im Gegensatz zu anderen Kantonalkirchen halten sich die St. Galler aber mit Kritik an der Reform zurück. Weil die Kirchen von der St. Galler Regierung früh ins Gespräch einbezogen worden seien und Kompensationszahlungen erwarten dürften, verzichte man auf «Fundamentalopposition», sagt Martin Schmidt, Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche. Während die Kirchen im Kanton Zürich «fast vergessen» gingen oder in Basel-Land einseitig knapp informiert wurden, schätze man im Kanton St. Gallen «starke Kirchen» und deren Leistungen in Bildung, Spitalseelsorge oder Gebäudeunterhalt. Grundsätzlich begrüsse die reformierte Kirche das Ziel der Vorlage, alle Unternehmen gleich zu besteuern, müsse aber wie schon bei der USR II mit ungeahnten Folgen rechnen, meint Schmidt. Man werde die Entwicklung kritisch begleiten: «Ein Finanzloch ist gewiss. Wenn gespart wird, darf es nicht wieder den Sozialbereich und die Bildung treffen.»
Die erwarteten Verluste der St. Galler Kirchen entsprechen etwa jenen nach der Finanzkrise 2007, bestätigt Martin Gehrer, Administrationsratspräsident des katholischen Konfessionsteils. Jedoch hätten die Unternehmenssteuern für die Kirchen – sie dienen zweckgebunden dem kirchlichen Finanzausgleich, eine Spezialität von St. Gallen (und Solothurn) – wieder zugenommen. Dank geäufneter Gelder könnten die Kirchen gewisse Verluste verschmerzen, so Gehrer. Jedoch erwarte man, dass der Kanton wie zugesichert mit den ab 2023 erwarteten Mehreinnahmen aus dem Finanzausgleich des Bundes die Ausfälle der Kirchen und Gemeinden abfedere. Der höchste St. Galler Katholik half als früherer CVP-Regierungsrat, die Reform vorzubereiten: In der Finanzdirektorenkonferenz und als Präsident der Arbeitsgruppe der Nehmerkantone wehrte sich Gehrer gegen die zinsbereinigte Gewinnsteuer und verlangte eine Dividendenbesteuerung von mindestens 70 Prozent. «Da gebe ich Eveline Widmer-Schlumpf recht, wenn sie auf die fragwürdigen Veränderungen durch das Parlament hinweist.» Trotzdem wird Gehrer Ja stimmen, «weil das Gesamtpaket besser ist und ein Nein womöglich mehr kostet». Er hat seine Haltung mittels Inserat für das Pro-Komitee und Interview im Pfarreiforum bekräftigt. Mit Blick auf die Gesetzesvorlage im Kantonsrat wird ihm doch etwas mulmig: «Ob es zu weiteren steuerlichen Entlastungen kommt, ist offen. Ich vertraue aber auf vernünftige Parlamentsentscheide.»
Dass die St. Galler im kirchlichen Nein-Komitee an einer Hand abzuzählen sind, liegt wohl auch am Klima im Kanton, wie es Martin Schmidt formuliert: «Regierung und Kirchen pflegen eine gute Partnerschaft.» Doch zeigen die Kirchenleitungen Verständnis für Gegner wie Pfarrleute der Kirchgemeinden Tablat oder Halden. Der einzige Kirchenpräsident im Kantonsrat, Felix Bischofberger, «Chef» der Thaler Katholiken, tritt nicht im Nein-Komitee auf, hat jedoch mit der CSP-Gruppe in der CVP für Ablehnung plädiert. Vergeblich: Die St. Galler CVP sagte mit 66:27 Ja. (mel)