Veraltete Programme: Ostschweizer Kantone überdenken ihre Steuersoftware

Die elektronische Steuererklärung ist beliebt. Doch inzwischen sind die Programme der Ostschweizer Kantone veraltet, sagt ein Informatikunternehmer und wirbt für seine Lösung. Doch die Kantone sind kritisch.

Marlen Hämmerli
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Die Oberfläche von E-Tax gliedert die Steuererklärung in sechs Themenfelder. (Bild: Adriana Ortiz Cardozo (St.Gallen, 8. März 2019))

Die Oberfläche von E-Tax gliedert die Steuererklärung in sechs Themenfelder. (Bild: Adriana Ortiz Cardozo (St.Gallen, 8. März 2019))

Dies ist ein Artikel der «Ostschweiz am Sonntag». Die ganze Ausgabe lesen Sie hier.

Das Steuerformular, einfach auf dem Bildschirm statt auf Papier. Kleine Fenster mit kleiner Schrift. Die Bedingung mehr oder weniger selbsterklärend. So präsentieren sich heute die Steuerprogramme der Ostschweizer Kantone. Das geht auch anders, wirbt Ringler Informatik. Seit diesem Jahr bietet das Unternehmen seine Software E-Tax.ch neben Luzern und Zürich auch im Kanton St.Gallen an. Mit dem browsergestützten Programm ist es möglich, die Steuerklärung auf dem Handy, dem Tablet oder am Computer auszufüllen.

«Wir wollen den Steuerpflichtigen zeigen, was technisch möglich ist und wie einfach das Ausfüllen gehen kann», sagt Geschäftsführer Marcel Ringler. Die Firma hat gemäss eigenen Angaben 1986 die erste Steuersoftware der Schweiz lanciert und verkauft diese seither an Kantone und Treuhänder. Doch laut Ringler stagniert das Geschäft mit den Kantonen: «Es gibt fast keine Ausschreibungen und leider wenig Innovation.» Deshalb hat die Firma beschlossen, E-Tax den Steuerpflichtigen direkt zugänglich zu machen. Bis 2021 soll das Programm in allen 26 Kantonen verfügbar sein.

Wie die Programme der Ostschweizer Kantone ist E-Tax gratis und der Datenschutz laut Ringler garantiert. Doch während die kantonalen Programme der Logik des Steuerformulars folgen und den Steuerpflichtigen im Prinzip Schritt für Schritt durch den Papierkram leiten, unterteilt E-Tax die Steuererklärung in sechs Themen: von Personen und Haushalt bis hin zu Eigentum.

Ostschweizer Kantone wollen Steuersoftware weiterentwickeln

Tatsächlich diskutieren die Ostschweizer Kantone aktuell, wie sie die elektronische Steuererklärung weiterentwickeln wollen. Alle blicken sie nach Obwalden. Seit vergangenem Jahr gilt dort der Grundsatz, dass die Steuererklärung digital ausgefüllt und übermittelt wird. Wer die Formulare auf Papier will, muss diese bei der Steuerverwaltung bestellen oder abholen. Entsprechend hoch ist in Obwalden die Quote derjenigen, die die Steuererklärung elektronisch ausfüllen: 2018 waren es 92 Prozent.

Vier von fünf Thurgauern reichen die Steuererklärung elektronisch ein

Ähnlich hoch ist diese Quote in der Ostschweiz nur im Thurgau. Dort liegt sie bei rund 82 Prozent (siehe Grafik). In Ausserrhoden ist die Quote mit 59 Prozent deutlich tiefer. Es werde derzeit diskutiert, ob Ausserrhoden ebenfalls den Grundsatz der elektronischen Steuererklärung einführen will, sagt Jacques Oberli, Leiter der Steuerverwaltung. Demnächst sei eine Sitzung angesetzt. «Denn um ehrlich zu sein: Papier, das ist die Welt von gestern.»

Anders tönt es im Thurgau: Es sei nicht sehr kundenfreundlich, wenn der Steuerpflichtige erst die Formulare verlangen muss, um seinen Pflichten erfüllen zu können, sagt der Chef der Thurgauer Steuerverwaltung, Jakob Rütsche. Zudem muss Obwalden den Steuerpflichtigen weiterhin eine Identifikationsnummer senden. «Ob ich nun nur diese verschicke oder die Steuererklärung ist ghüpft wie gsprunge», sagt Rütsche. Auch in Appenzell Innerrhoden gebe es derzeit keine Bestrebungen, von allen zu verlangen, ihre Steuererklärung elektronisch einzureichen, sagt Werner Nef, Leiter des Steueramts. Innerrhoden nutzt AI-Tax, ein älteres Produkt von Ringler.

E-Tax.ch von Ringler kostet 150000 Franken

Obwalden ist auch hier schon einen Schritt weiter und hat bereits eine Lizenz der neusten Version von E-Tax gekauft. Kostenpunkt: 150'000 Franken pro Jahr. Dafür prangt auf der Website etax.ow.ch das Obwaldner Kantonswappen und die Daten liegen auf den Servern der kantonalen Verwaltung. Gemäss dem Kanton Obwalden arbeitet die Verwaltung dank der neuen Software effizienter und kostensparender, vor allem, weil es keinen Medienbruch mehr gibt: Belege wie etwa der Lohnausweis müssen nicht mehr per Post ans Steueramt gesendet werden, sondern könne mit einer App digitalisiert werden. Auf Werner Nef macht E-Tax «einen guten Eindruck». Ob Innerrhoden auf das neuste System wechselt, müsse geprüft werden.

Auch im Thurgau und in Ausserrhoden wird die Software E-Tax von Ringler derzeit in Betracht gezogen. Aber: «Die Steuerprogramme sind teuer und wir ein kleiner Kanton», sagt der Ausserrhoder Amtsleiter Oberli. «Trotzdem wollen auch wir unseren Bürgern die Vorteile der Digitalisierung zugänglich machen.» Derzeit ist Ausserrhoden wie auch St.Gallen Kunde der Zürcher Firma Information Factory. «Wir pflegen einen engen Kontakt zu St.Gallen und wollen unser System auch gemeinsam weiterentwickeln», sagt Oberli.

Die St.Galler Steuerverwaltung wolle mittelfristig von der heutigen Download-Lösung auf eine Online-Steuererklärung wechseln, teilt Amtsleiter Felix Sager mit. «Der Kauf einer Lizenz für E-Tax.ch von Ringler ist aber nicht vorgesehen.» Denn derzeit liefert Ringler die elektronischen Steuererklärungen aus E-Tax in dasselbe Computersystem, in das auch die Daten des St.Galler Steuerprogramms fliessen. Das erlaubt es den Fachleuten die Steuererklärungen mit Unterstützung eines Regelwerks zu prüfen, das vom Steueramt getestet und austariert worden ist. «Im Unterschied dazu ist das Regelwerk von E-Tax der Firma Ringler privat und wird nicht behördlich geprüft.»

Thurgauer können Belege bereits elektronisch senden

Im Thurgau ist es bereits möglich, Belege elektronisch einzusenden. 2018 haben das 25 Prozent getan, schätzt Jakob Rütsche. Was bleibt, ist die Freigabequittung. Diese muss dem Steueramt nach wie vor in Papierform und handunterschrieben gesendet werden. In manchen Kantonen, etwa Bern oder Zug, ist dies nicht mehr nötig. Stattdessen identifizieren sich die Bürger mit einem kantonalen Login. In der Ostschweiz ist das noch nicht möglich. Denn im geltenden Recht wird an mehreren Stellen verlangt, dass die Steuererklärung unterschrieben wird. Diese Pflicht soll nun aber gestrichen werden. Der Bundesrat hat das Gesetz im Rahmen der Vorlage zur elektronischen Identität überarbeitet, nachdem eine entsprechende Motion des Ständerats Martin Schmid angenommen worden war. Derzeit liegt die Vorlage bei der Kommission für Rechtsfragen des Ständerats, bevor sie in die Räte kommt. Die Schwesterkommission des Nationalrates hat die Vorlage bereits angenommen.

Damit wird den Steuerpflichtigen bald auch der Gang zum Briefkasten und somit ein weiterer Arbeitsschritt erspart. Wer aber die Steuererklärung weiterhin von Hand ausfüllen und per Post senden will, kann dies auch künftig tun, wie etwa der Leiter der Innerrhoder Steueramts, Werner Nef, sagt.