Die Kantonspolizei soll ohne konkrete Hinweise auf Vergehen Einsicht in Handys nehmen und Hotelzimmer durchsuchen dürfen. So wollte es vor zwei Wochen eine knappe Mehrheit des Parlaments. Nun wird sich wohl die vorberatende Kommission nochmals mit dem Thema beschäftigen müssen.
Jedes Jahr wählt der Grosse Rat im Rahmen einer Wahlsitzung seine Spitze neu. Da geht es mehr oder weniger feierlich zu. Auch der Präsident oder die Präsidentin der Regierung wird dann erkoren. Harte Politik hat an diesem Tag in der Regel für einmal auf den hinteren Bänken Platz zu nehmen. Es dominiert die leichtere Kost.
Keine Regel ohne Ausnahme. An diesem Mittwoch stand auf der Traktandenliste ausgerechnet die zweite Lesung jener Änderung des Polizeigesetzes, die vor zwei Wochen das Blut der Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Wallung gebracht hatte. Hintergrund: Die Polizei soll das Recht erhalten, ohne konkrete Hinweise auf Vergehen Einsicht in Handys zu nehmen oder Hotelzimmer zu durchsuchen. «Willkommen im Schnüffelstaat», hiess es damals aus der FDP-Fraktion, die sich vehement gegen diese Pläne positionierte, aber knapp unterlag (56:62).
Wen wundert's, dass der Schlagabtausch trotz feierlichem äusseren Rahmen nun nahtlos weiterging. FDP-Fraktionschef Anders Stokholm (Frauenfeld) beantragte prompt eine Umstellung der Traktandenliste: Die zweite Lesung des Polizeigesetzes solle auf die nächste Sitzung vertagt werden. Die rechtlichen Bedenken der FDP hätten sich nach Gesprächen mit Juristen und aufgrund eines Gutachtens bestätigt. Das lasse nur einen Schluss zu: «Nicht verfassungskonform.» Mit der Verschiebung wolle man dem Grossen Rat Zeit verschaffen. Eine ausführliche Debatte im Rahmen der Wahlsitzung sei schwierig.
Explizit sprach sich Stokholm gegen eine Rückweisung der umstrittenen Paragrafen an die vorberatende Kommission aus. Die habe das Thema schliesslich bereits ausführlich diskutiert und sich einstimmig gegen das Recht auf Einsichtnahme in Handys ausgesprochen. «Von ihr erwarten wir keine neuen Impulse.»
Das sah SVP-Fraktionschef Stephan Tobler (Egnach) genau umgekehrt. Zwar räumte auch er ein, dass man hier nochmals über die Bücher gehen müsse. Aber: «Wer sonst als die Kommission soll das tun?» Die wisse, was sie zu tun habe, wenn sie nochmals beauftragt werde, versicherte Tobler. Es gebe keinen Grund, nun drei Wochen zu warten, nochmals zu diskutieren und dann Rückweisung zu beschliessen. Man könne vielmehr heute über den Auftrag an die Kommission entscheiden.
Mitte-Fraktionschef Kilian Imhof (Balterswil) positionierte seine Fraktion im Lager der SVP, womit die Mehrheitsverhältnisse schon entschieden waren. Das Verdikt lautete schliesslich 69 zu 51 Stimmen gegen den FDP-Antrag auf Streichung des Traktandums.
Ein Sieg, der allerdings nur eineinviertel Stunden Bestand hatte. Dann erklärte der neu gewählte Grossratspräsident Andreas Zuber (SVP) die Sitzung nach den zahlreichen Wahlgeschäften für beendet. Das Polizeigesetz muss doch noch drei Wochen warten.