Entschädigungen für Barbesuche, First-Class-Flüge, Geschäftsessen ohne Belege: Ein Bericht der kantonalen Finanzkontrolle gibt Einblick in das Spesengebaren an einzelnen Instituten der Universität St.Gallen.
Die Universität St.Gallen steht seit Monaten im Fokus, weil ein Rechtsprofessor mutmasslich massiv zu viel Spesen bezogen hat. Der Betroffene ist mittlerweile vollumfänglich freigestellt, die Universität hat Strafanzeige gegen ihn eingereicht. Jetzt zeigt sich: Ein lockerer bis fahrlässiger Umgang mit Spesengeldern gehört an vielen Instituten zum Alltag.
Die kantonale Finanzkontrolle hat für das Jahr 2017 bei allen Instituten stichprobenweise Spesen- und Honorarrechnungen kontrolliert und ist dabei auf etliche Mängel gestossen. Die Liste reicht von unsauber abgerechneten Geschäftsessen über Erstklass-Flüge bis zu reglementswidrigen Honorarauszahlungen.
Viele Institute würden das Spesenreglement zu grosszügig auslegen, hält die Finanzkontrolle fest. So werde etwa die Vorgabe, dass «in der Regel Hotels der Mittelklasse» zu wählen seien, «unterschiedlich interpretiert».
Vom Grundsatz, dass Flüge in der Economyklasse gebucht werden müssen, werde «regelmässig abgewichen». «Aufgrund der Vielzahl von Feststellungen erachten wir ein koordiniertes Vorgehen zur Behebung der vorhanden Mängel als wichtig», hält die Finanzkontrolle fest.
Laut Regierungsrat Stefan Kölliker, St.Galler Bildungschef und Präsident des Universitätsrates, hat die Finanzkontrolle die Spesenpraxis an der HSG bereits im Jahr 2012 untersucht. Damals seien keine wesentlichen Probleme festgestellt worden.
Dass das gleiche Kontrollorgan sechs Jahre später eine Vielzahl von Mängeln zutage fördert, wirft deshalb Fragen auf – zur Entwicklung der Spesenpraxis an der HSG, aber auch zur damaligen Vorgehensweise der Finanzkontrolle.
War ein Fall Sester nötig, damit bei der HSG genauer hingeschaut wird? Kölliker verneint dies:
«Die Revision des Universitätsgesetzes wurde bereits 2017 in die Wege geleitet, also bevor der Fall Sester publik wurde.»
Dies lasse sich belegen. Entsprechende Massnahmen seien bereits ergriffen worden, das Spesenreglement wurde bereits überarbeitet und in Kraft gesetzt, sagt Kölliker und hält zugleich fest: «Dass sich die Spesenpraxis abschliessend regeln lässt, ist eine Illusion.» Am Ende liege die Verantwortung bei jeder und jedem Einzelnen.
HSG-Rektor Thomas Bieger sagt auf Anfrage: «Wir waren betroffen von den Ergebnissen des Berichts. Er beinhaltet einzelne Fälle, die für uns nicht akzeptabel sind.»
Der Bericht liege der Universitätsleitung seit November 2018 vor. Einzelne Punkte seien deshalb bereits ins Spesenreglement aufgenommen worden und seit Anfang Februar wirksam.
Unter anderem gilt heute zwingend ein hierarchisch geregeltes Vieraugenprinzip bei der Visierung von Spesen. Zudem würden HSG-Angestellte im Umgang mit Spesen geschult.
«Wir sind uns bewusst, dass ein Kulturwandel nötig ist», sagt Bieger. Dieser Kulturwandel habe bereits eingesetzt, betont dazu Prorektor Kuno Schedler: «Wir haben festgestellt, dass die Institutsleitungen sehr sensibel und rasch auf den Bericht reagiert haben. Das hat Bewegung auf allen Ebenen ausgelöst.»
Noch ist unklar, wie sich der Bericht auf das Universitätsgesetz auswirken wird. Das Gesetz wird derzeit revidiert.