Am Donnerstagabend trafen auf der Kreuzbleiche Medienschaffende und Politiker aufeinander. Von übereifrigen Anzeigetafeln und Trainern, der Aussagekraft des Tenues sowie umstrittener Penaltys.
«Der Totomat entscheidet», sagt Christian Constantin, Präsident im FC Sion, jeweils. Die Anzeigetafel also, sie ist für den Sittener Patron die Legitimation, den Trainer noch häufiger zu wechseln als Politiker ihre Meinung. Nur bildet der Totomat eben keine Feinheiten ab, keine Dezimalstellen, Grautöne oder Geschichten eines Spiels.
Am Donnerstagabend auf der Kreuzbleiche, als der FC Tagblatt gegen den FC Kantonsrat spielte, war das anders: 2:0 zeigte die Tafel nach fünf Spielminuten an, obwohl erst ein Tor gefallen war. Jenes von Stefan Schmid, Chefredaktor und Spielertrainer, der einen Freistoss verwandelt hatte und auch sonst einen Ehrgeiz an den Tag legte, der noch nicht bedenklich, aber zumindest auffällig war.
Und das zweite Tor? Nicht existent, eine Mutmassung der Anzeigetafel, die, das würde sich später zeigen, das Spiel für einmal las. Und merkte, dass nur eine Mannschaft auf diesem tiefen Rasen hochstehenden Fussball zeigte. Es war jene der Medienschaffenden, die seit Jahren ungeschlagen (das letzte Spiel fand 2019 statt, Anm. d. Red.) ist und schon bald das von der Tafel prophezeite 2:0 erzielte. Nach 27 Minuten führte der FC Tagblatt 4:0.
Mit der Wut des abgelehnten Mediengesetzes im Bauch, der Volksabstimmung als politisches Pendant zum Totomat? Das Spiel war jedenfalls bereits entschieden. Und doch stand Jens Jäger, Kantonsratsvizepräsident und Trainer der Kantonsräte, mit heiligem Ernst am Spielfeldrand, die Arme verschränkt, das Kinn fast an der Brust und die Augen zusammengekniffen, obschon es die Abendsonne nicht mehr bis zur Coaching-Zone schaffte. Und wenn man den FDPler da so sah, im Trainingsanzug, war einem, als sei das nicht Jäger, sondern die deutsche Trainerlegende Werner «Beinhart» Lorant. Man erahnte den Wind, der wehen wird, wenn Jäger in wenigen Wochen das Präsidentenamt im Kantonsrat übernimmt.
Mit diesem Amt kennt sich auch der ehemalige Kantonsrat Felix Bischofberger bestens aus. Im Gegensatz zu Jäger stand der Mitte-Politiker aber auf dem Platz. Und nach einer guten Stunde am Penaltypunkt. Goalie und Sportredaktor Ives Bruggmann, der nach dem zweiten Bier befand, der Elfmeter sei «sehr gut» platziert gewesen, parierte. Weil sich Bruggmann, so das Verdikt des Unparteiischen, «zu früh bewegt» habe, wurde der Strafstoss wiederholt. Eine exklusive Meinung. Doch Bruggmann konnte es einerlei sein, Bischofberger setzte den zweiten Versuch an die Latte.
Weiterhin kein Anschlusstreffer, vielmehr stand es mittlerweile 5:0 für die in der zweiten Halbzeit verjüngte Tagblatt-Elf. Davon zeugte das immer bunter werdende Schuhwerk der ganz in Grün gekleideten Journalistinnen und Journalisten. Die Altersstruktur einer Mannschaft lässt sich allerdings nicht nur an den Kleidern selber ablesen, sondern auch an der Art und Weise, wie man sie trägt. Ältere Semester stopfen das Trikot vorzugsweise in die Shorts; vor langer Zeit, damals, als noch alles besser war, die Medienbranche noch eine Zukunft hatte, war das angesagt. Umso mehr erstaunte es, dass auch Andrin Monsteins Trikot zeitweise zwischen Hüfte und Hosenbund klemmte. Monstein, 30-jährig erst, sitzt seit zwei Jahren für die GLP im Kantonsrat. Er muss in dieser Zeit mehr als zwei Jahre gealtert sein. Nur: Wen wundert das?
Irgendwann kam dann Marcel Elsener, der regelmässig für das Tagblatt im Kantonsrat berichtet, als Innenverteidiger ins Spiel. Die erste Aktion: ein gelungener Seitenwechsel. Bei der zweiten erzielten die Kantonsräte den Ehrentreffer. Und bei der gefühlt dritten Szene zog sich Elsener eine Zerrung zu. Sieben Minuten zwischen Ein- und Auswechslung. Und kurz darauf wieder eine Zigi zwischen den Lippen. Elsener erinnerte wahlweise an den ehemaligen Fussballtrainer César Luis Menotti (die Zigarette rauchend) und den gegenwärtigen Maurizio Sarri (den Filter im Mundwinkel balancierend).
In jener Phase wirkten die Tagblättler orientierungslos. Und so kam es, dass die Politiker einen schnellen Gegenangriff über rechts starteten, über jene Seite also, auf der SVP-Kantonsrat Damian Gahlinger rechter Verteidiger spielte, nein, lebte. Derweil machten sich im linken Couloir Monstein und auch FDP-Nationalrat Marcel Dobler bemerkbar, bei dem sich kraft seiner Vergangenheit als Bobfahrer und Zehnkämpfer Körperbreite und -länge shaqiriesque nicht wirklich unterscheiden. «Links ist doch alles frei», rief schliesslich einer. Und blieb ungehört.
Kurze Zeit später war das Spiel beendet. Und der Totomat sagte 5:1. Für Jens Jäger würde es im Wallis nun ungemütlich werden. Weil die Kantonsräte Schweizer Meister sind und vor dem Spiel auf ein «taktisch anspruchsvolles 2:2» tippten. Es hörte sich da noch an, als seien sie vom Fach, als wüssten sie es besser. Aber so ist das nun mal in der Politik: Man tut, als ob.