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Ostschweiz
Frauenfeld & Hinterthurgau
Dem Thurgau geht es gut – das zeigt ein Blick in die Statistik des Bundesamts für Statistik, das jüngst die Zahlen fürs Jahr 2016 veröffentlichte. Demnach stieg das Bruttoinlandprodukt im Thurgau 2016 um 2,6 Prozent.
Das Bruttoinlandprodukt (BIP) ist ein Wert, dessen periodische Entwicklung Ökonomen, Wirtschaftsführer und Politiker gleichermassen mit Argusaugen überwachen. Denn das BIP bildet den Gesamtwert aller Güter, Waren und Dienstleistungen, ab, die während eines Jahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft als Endprodukte hergestellt wurden.
Die jüngsten verfügbaren BIP-Zahlen für den Thurgau – jene für das Jahr 2016 – lassen aufhorchen. Denn der Kanton legte gegenüber dem Bemessungsvorjahr 2015 beim BIP um stolze 2,6 Prozent zu. Schwankungen im Zehntel-Prozent-Bereich sind normal, doch können ausserordentliche Ereignisse das statistische Pendel stärker positiv oder negativ ausschlagen lassen – erinnert sei zum Beispiel an den Fukushima-Effekt im März 2011 oder an die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Nationalbank im Januar 2015.
Dass es 2016 wieder aufwärts ging, überraschte niemanden – schliesslich war mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses die Ostschweizer Exportwirtschaft in der ersten Jahreshälfte 2015 ungebremst auf Talfahrt gegangen. Und nach einem Absturz wird nun einmal jeder auch nur noch so kleine Anstieg wieder als Erholung wahrgenommen. Schaut man jedoch genauer hin, und vergleicht den Thurgau mit anderen Ostschweizer Kantonen, so fällt auf, dass die besagten 2,6 Prozent den klaren Bestwert darstellen.
Gerade noch Schaffhausen (plus 2,3 Prozent) vermag da noch einigermassen mitzuhalten. Auch auf den gesamtschweizerischen BIP-Wachstums-Durchschnitt (plus 1,6) hin berechnet, liegt der Thurgau deutlich darüber. Und in der Gesamtrangliste aller Kantone belegt Mostindien hinter Obwalden (plus 3,0) und Zug (2,9), den Bronzeplatz. Drei Kantone hatten im Jahr 2016 sogar einen Rückgang beim BIP zu beklagen, nämlich Nidwalden (minus 0,1), Basel-Landschaft (minus 0,3) und als unrühmlicher Spitzenreiter Zürich (minus 1,1).
Was jetzt genau dazu führte, dass «die Zeit nach dem Januar 2015 weniger schlimm ausfiel, als wir alle anfänglich befürchtet hatten», weiss auch der Direktor der Industrie- und Handelskammer Thurgau, Peter Maag, «nicht mehr genau». An ein ausschlaggebendes Ereignis kann er sich «nicht erinnern». Tatsache sei gewesen, dass die vielen kleinen Thurgauer Firmen eine «hohe Leistungsbereitschaft und Flexibilität» an den Tag gelegt hätten – und dies «sowohl im Management als auch bei den Mitarbeitern».
Die Thurgauer Kantonsstatistikerin Ulrike Baldenweg-Bölle ist es sich gewohnt, hinter die nackten Zahlen zu sehen. So auch in diesem Fall. «Nach dem wirklich katastrophalen Jahr 2015, wo alle Federn lassen mussten, konnte sich unsere Industrie, welche sehr auf den Weltmarkt ausgerichtet ist, wieder zulegen.» Für die stellvertretende Amtsleiterin des Amts für Wirtschaft und Arbeit, Judith Müller, stellt der Anstieg des BIP 2016 «keine eigentliche Überraschung dar, denn die Thurgauer Wirtschaft ist stark vom sekundären Sektor geprägt – und dieser reagiert erfahrungsgemäss konjunktursensitiver als beispielsweise der dritte Sektor». Sowohl Industrie als auch Bau seien 2016 «überdurchschnittlich gewachsen».
Doch nicht nur in Sachen Fertigung, sondern auch in Sachen Beschäftigung konnte der Thurgau in den letzten Jahren massiv zulegen. Neben Frauenfeld hat sich vor allem Tägerwilen als «Silicon Village» des Thurgaus erwiesen. «Zwischen 2011 und 2016 wurden allein in Tägerwilen 1300 Arbeitsplätze geschaffen», sagt Baldenweg-Bölle. Auch für die Zukunft sieht die Statistikerin alles andere als schwarz: «Die Industrie, welche im Thurgau massgebend für das BIP ist, ist sehr stark gewachsen und wird es wohl auch weiterhin tun. Und auch beim Investitionsklima sieht es momentan relativ gut aus.»
Auch Judith Müller sieht den Thurgau arbeits- und konjunkturmässig für die nahe Zukunft bestens gerüstet: «Wir gehen weiterhin von einer positiven Entwicklung aus, wenn vielleicht der Schwung auch ein wenig nachlässt. Die Thurgauer Wirtschaft ist sehr gut aufgestellt, die Nachfrage insbesondere nach Industrieprodukten besteht weltweit. Der Thurgau kann hier profitieren. Die Thurgauer Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Auch der Bau wird sich vermutlich weiter gut entwickeln. Allenfalls findet aufgrund des Leerwohnungsbestands aber eine Verlagerung in Industrie- und Gewerbebauten statt.»