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Thurgauer Arztpraxen verlieren massiv Umsatz, da nicht dringende Behandlungen verschoben werden müssen. Das Frauenfelder Ärztezentrum Schlossberg rechnet mit einem Rückgang von mindestens einem Drittel.
Nur noch zu einem Viertel gefüllt sei seine Sprechstunde, klagt ein Frauenfelder Arzt deutscher Herkunft. «In spätestens zwei Monaten sind wir pleite», schreibt er in einem E-Mail, das der Redaktion vorliegt. «Ich gehe dann zurück nach Konstanz und finde dort glücklicherweise schnell einen neuen Job.»
Der Arzt, der auf Anfrage nicht erreichbar war, geht davon aus, dass er keine Kurzarbeit anmelden kann. Das stimme nicht, sagt der Präsident der Thurgauer Ärztegesellschaft, der Amriswiler Psychiater Daniel Jud. «Der Arzt kann für seine Angestellten Kurzarbeit eingeben.» Wenn es dem Betrieb insgesamt nicht gut gehe, hätten auch Ärzte Anspruch auf Bundesgelder.
Auch in seiner Praxis sei der Umsatz um 30 bis 40 Prozent zurückgegangen, bestätigt Jud. Einen Ausgleich werde er nicht beantragen: «Ich habe keine Angestellten und muss keine teuren Investitionen amortisieren.» Er wolle keinen Kredit beantragen, den er später wieder zurückzahlen müsse.
Der Bundesrat hat es Gesundheitseinrichtungen verboten, nicht dringende Behandlungen durchzuführen. Damit soll jeder «nicht-notwendige Kontakt zwischen Menschen» vermieden werden. Die Grundversorgung müsse weiterlaufen, sagt Ärztepräsident Jud. Dazu gehöre die Behandlung von Diabetes oder Bluthochdruck, auch eine psychologische Krise:
«Man darf nicht einfach die Leute im Stich lassen.»
Der Arboner Hausarzt Ivo Schmid spürt nur einen geringen Umsatzeinbruch: «Die Wartezimmer halten wir bewusst leerer, damit kein Anhusten stattfinden kann, und verteilen die Patienten rasch in die Behandlungsräume.» Er nehme sich nun bei Hausbesuchen Zeit, die vielfach fehle. Auch berate er oft per Telefon.
Oft seien es die Praxisassistentinnen, welche die Patienten beraten, sagt Marcel Frei, Geschäftsführer des Frauenfelder Ärztezentrums Schlossbergs. Dafür könne keine Rechnung gestellt werden. Das Ärztezentrum beschäftigt 120 Personen, darunter 35 Ärzte.
Schlossberg-Geschäftsführer Frei spricht von einem Rückgang von mindestens einem Drittel des Umsatzes. Er hat für den ganzen Betrieb Kurzarbeit beantragt. Manche Spezialisten hätten faktisch Berufsverbot; Orthopäden beispielsweise könnten keine Hüftoperationen mehr vornehmen.
Der Thurgau sollte wie die meisten Kantone eine zentrale Corona-Teststelle einrichten, meint Marcel Frei, Geschäftsführer des Frauenfelder Ärztezentrums Schlossberg. Im Thurgau seien die Privatärzte zuständig. Dadurch erhöhe sich das Risiko, dass sich Virusträger und Nichtinfizierten mischen. «Wir fühlen uns allein gelassen.»
Das Ärztezentrum Schlossberg habe einen eigenen Eingang für Tests eingerichtet. «Wir können aber das Umfeld nicht schützen.» Im schlimmsten Fall stünden sieben Virusträger vor dem Haus und gefährdeten Passanten. Das Ärztezentrum würde laut Frei Arbeitskapazität für eine zentrale Teststelle zur Verfügung zu stellen.
Der Kanton Thurgau hat gemäss verschiedenen Quellen mobile Teststellen in Betrieb genommen. Schon am Dienstag teilte der Regionale Führungsstab Kreuzlingen mit: «Aktuell laufen die Vorbereitungen für eine mobile Teststation, die bereits ab Mittwoch, 25. März in der Region unterwegs sein soll.» Gesteuert werde sie durch eine kantonale Koordinationsstelle nach Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit.
Markus Zahnd, Leiter des kantonalen Informationsdienstes, erklärt dazu nur, wenn ein Hausarzt den Test nicht selber durchführen möchte, könne er «ein ambulantes Testangebot» nutzen. «Diese Beprobung findet zu Hause statt.»