Eine knappe Mehrheit der Aadorfer Stimmbürger widersetzt sich dem Gemeinderat. Es geht um das Einbürgerungsgesuch einer 22-Jährigen. Ihre Rede vor der Versammlung erntet Applaus.
Der Aadorfer Gemeindepräsident Matthias Küng verspürte Gegenwind. Sein Gemeinderat hatte das Einbürgerungsgesuch einer jungen Albanerin zur Ablehnung beantragt. Mangelnde Integration, zwiespältiger Eindruck beim Gespräch und das Tragen des Kopftuches führten zum negativen Entscheid der Behörde.
Die 22-jährige Valjbona Abazi fand aber den Mut, vor die Versammlung zu treten und dabei ihre Beweggründe für ihr Einbürgerungsgesuch zu erläutern. In perfekter Mundart, gerührt von Emotionen, äusserte sich die in Aadorf geborene junge Frau zu ihrer Wertehaltung, ihrem Glauben, ihrem Schweizer Freundeskreis und ihrem Integrationswillen. Sie erntete Applaus. Ein Votant sagte:
«Es wäre eine schweizweite Blamage für Aadorf, sollte das Gesuch abgelehnt werden.»
Gespannt warteten die 287 Stimmbürger an der Gemeindeversammlung schliesslich auf die Auszählung der Abstimmung über die insgesamt zehn Einbürgerungsgesuche. Nur sieben Stimmen Unterschied entschieden schliesslich für die Einbürgerung der jungen Frau, die überglücklich war.
«Das ist doch echte Demokratie und ein Bekenntnis zur Religionsfreiheit», sagte eine Guntershauserin und freute sich nach der Versammlung mit der Kopftuchträgerin im Foyer.
Speziell an der Geschichte sei, dass eine solche Empfehlung des Gemeinderats zur Nicht-Einbürgerung überhaupt an die Gemeindeversammlung gelange, sagt Gemeindepräsident Matthias Küng. «Normalerweise ist ein Einbürgerungsgesuch mit der Ablehnung des Gemeinderats erledigt.» Nach dem Entscheid habe man Valjbona Abazi ihre Möglichkeiten erläutert. «Wir haben mit ihr abgesprochen, dass sie sich an der Gemeindeversammlung vorstellen kann», sagt Küng. Meist sei dieser Schritt nach einem negativen Entscheid kaum eine Option, weil sich die Einbürgerungswilligen mit der Verständigung schwertun.
Als Misstrauensvotum fasst Matthias Küng den Entscheid der Stimmbürgerschaft nicht auf. Der Gemeindepräsident von Aadorf sagt:
«Uns war klar, dass der Entscheid
auf beide Seiten kippen kann.
Wir können gut damit leben.»
Das knappe Resultat zeige auch, dass das Volk gespalten war. «Das Thema hat bewegt», sagt Küng. Trotzdem seien die Voten - welche sich ausschliesslich für die Einbürgerung aussprachen – sachlich geblieben.
Es gibt einige Fälle, in denen das Volk den Entscheid des Gemeinderates nicht stützt. Meist sind die Vorzeichen jedoch anders: Die Stimmbürger lehnen eine Einbürgerung trotz Vorschlag des Gemeinderates ab. Drei Beispiele aus dem Thurgau: