Startseite
Ostschweiz
Frauenfeld & Hinterthurgau
Eine Gruppe literaturaffiner Frauenfelder hat den Verlag Saatgut gegründet: für Thurgauer Autoren und Themen. Cornelia Mechler steht dem Trägerverein vor.
Welche wunderbaren Welten sich zwischen Buchdeckeln auftun können: Das fasziniert Cornelia Mechler und Urs Stuber seit jeher gleichermassen. Dann stellten sie fest:
«Es fehlt ein Thurgauer Verlag für Thurgauer Autoren und Thurgauer Themen.»
Der gewissermassen dialektische Schluss ist der Verlag Saatgut, eben diese Institution, die bislang gefehlt hat. An den vergangenen Pfingsten ging die Gründung des Trägervereins über die Bühne, mittlerweile arbeitet der Verlag an der ersten Publikation. Im Frühling 2020 soll es soweit sein. «Es wird ein zwischen Kinder- und Erwachsenenliteratur schwankendes Kunstbuch eines Thurgauer Autors», sagt Cornelia Mechler, die den Verlag-Saatgut-Trägerverein präsidiert.
Mechler und Stuber arbeiten seit einem Jahrzehnt immer wieder für Projekte zusammen. «Wir haben schon die eine oder andere schwierige Publikation zu einem guten Ende gebracht», meint Mechler. Sie – Buchhändlerin, Kunsthistorikerin – war Verlagsleiterin von Benteli und Niggli in Sulgen, wechselte danach in die Geschäftsleitung des Zürcher Verlags Scheidegger & Spiess. Heute ist sie Verwaltungsleiterin für das Kunstmuseum Thurgau und das Ittinger Museum. Stuber ist seit bald 40 Jahren freischaffender Grafiker, für seine Buchgestaltung vielfach ausgezeichnet. Stuber und Mechler: Zwei Figuren, denen rund um die Kulturtechnik Buch weder Kompetenz noch Erfahrung abgehen.
«Die Idee für einen Verlag trugen wir schon länger mit uns», sagt Stuber. Klar, es gibt sie noch, die Kleinstverlage im Thurgau. Da ist auch noch Waldgut. Aber Huber ist schon länger weg, geblieben ist die Reihe «Reprinted by Huber». Für Mechler und Stuber war aber vor allem der Verkauf von Benteli und Niggli prägend. 2014 war das. Mechler und Stuber wollten aber mit der Idee eines neuen Thurgauer Verlags für Belletristik und Sachliteratur nicht einfach eine Lücke füllen oder das Programm eines früheren Verlags kopieren.
«Wir wollen neue, junge Autorinnen und Autoren entdecken, ihnen ein neues Daheim geben.»
Das sagt Mechler. Man müsse stets die Augen offen haben, ergänzt Stuber. Die beiden sind enthusiastisch, aber zugleich auch so realistisch, dass sie Erfolg haben dürften.
Auch von der Idee zum Verlag wagten die beiden Initianten keinen Schuss in Blaue. Sie suchten mit ihrer Idee im Gepäck das Gespräch mit zwei «wahnsinnig kulturaffinen» Persönlichkeiten: Mit Robert Fürer, der etwa die Stiftung Kartause Ittingen, die Kulturstiftung des Kantons Thurgau oder das Jazzfestival Generations zum Erfolg brachte, und Staatsarchivar André Salathé, der lange die Bücher des Historischen Vereins Thurgau verlegte. «Und zu unserem Erstaunen waren sie begeistert von unserer Idee», sagt Stuber. Fürer und Salathé hätten von Anfang an mitgedacht und auch gefordert, erzählt Mechler. Und sie stellten sich für den Vorstand des Trägervereins unter Präsidentin Mechler zur Verfügung. Fürer amtet als Aktuar, während Salathé Quästor ist.
Für die operative Leitung des Verlags hat Mechler Miriam Waldvogel gefunden. Die beiden Frauen kennen sich vom Benteli-Verlag.
«Eine gewissenhaftere Lektorin gibt es im Thurgau nicht.»
Das sagt Mechler über die Kunsthistorikerin, die heute als freischaffende Texterin, Lektorin und Journalistin arbeitet. Stuber verantwortet im Verlag die Herstellung, Miriam Hetzel, Kommunikatorin in der öffentlichen Verwaltung, besorgt das Marketing. Finanzchef ist Kurt Lehmann, dem eine Firma für Kreativtechnik gehört, während das Thema Vertrieb bei Nathalie Kolb liegt. Sie leitet das dem Staatsarchiv angegliederte Thurgauer Frauenarchiv und lektoriert beim Historischen Verein. Wer im Verlag operativ arbeitet, hat keinen Fixlohn. «Aber es soll eine projektbasierte Aufwandsentschädigung geben», sagt Mechler.
«Bücher sind einem schnell gute Freunde.»
Das sagt Stuber kurz vor Beginn der heurigen Frankfurter Buchmesse. Nächstes Jahr dann mit Saatgut-Publikationen? «Höchstens im Rahmen des Auftritts der Swiss Independent Publishers, wenn wir dort aufgenommen werden», sagt Mechler. Ein eigener Stand sei fast nicht bezahlbar. Das ist Realismus mit Zukunft.