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Sie befürchten eine Spaltung der Gesellschaft. Deshalb wollen sechs Thurgauer Kantonsräte künftig keine Veranstaltungen mehr besuchen, die ein Covid-Zertifikat verlangen. Das betrifft unter anderem die Wahlfeier für die höchste Thurgauerin. Sie nimmt den Entscheid ihrer Ratskollegen gelassen.
Ihre Kalender dürften in den kommenden Wochen etwas luftiger werden. Denn die Kantonsräte Paul Koch (SVP, Oberneunforn), Hermann Lei (SVP, Frauenfeld), Oliver Martin (SVP, Leimbach), Barbara Müller (SP, Ettenhausen), Peter Schenk (EDU, Zihlschlacht) und Jürg Wiesli (SVP, Dozwil) werden «so weit es geht» nicht mehr an Veranstaltungen teilnehmen, welche ein Covid-Zertifikat erfordern. Dies schreiben sie auf Facebook.
Sie seien «besorgt über die Tendenzen des Bundes, die persönlichen Freiheiten einzuschränken und eine Spaltung der Gesellschaft trotz mangelnder belegter Wirksamkeit mit indirekten Impfzwängen, Zertifikatspflichten und dergleichen herbeizuführen», schreiben die sechs Parlamentarier weiter.
Sie künden an, dass sie deshalb weder am Jubiläums-Apéro der Thurgauer Kantonalbank am 2. September noch an der Wahlfeier für Grossratspräsidentin Brigitte Kaufmann (FDP, Uttwil) am 15. September teilnehmen. An beiden Anlässen ist ein Einlass nur mit Zertifikat erlaubt. Der Bund zwinge die Veranstalter dazu, schreiben die Kantonsräte in ihrem Statement. Es gehe ihm darum, ein Zeichen zu setzen, erklärt der an der Aktion beteiligte Kantonsrat Oliver Martin auf Anfrage.
«Ich will der Bevölkerung zeigen, dass ich diese Entwicklung, welche die Gesellschaft spaltet, nicht unterstütze.»
Wie lange er zertifikatspflichtige Veranstaltungen meiden werde, könne er noch nicht sagen. Martin betont aber, dass es lediglich ein persönlicher Entscheid sei und er sich im Zusammenhang mit der Wahlfeier nicht gegen Brigitte Kaufmann oder gegen die Gemeinde Uttwil als Veranstalterin richte. «Mir ist wichtig, dass wir so bald wie möglich wieder zur Normalität zurückkehren können, ob geimpft oder nicht.»
Die Wahlfeier in Uttwil wird auf einem abgesperrten Festgelände stattfinden, welches über zwei kontrollierte Eingänge zugänglich sein wird. Die Gemeinde Uttwil hat als Organisatorin dafür gesorgt, dass sich Besucherinnen und Besucher vor Ort testen lassen und so ein Zertifikat erhalten können.
«Uns war es sehr wichtig, dass es ein Fest wird, an dem die ganze Bevölkerung teilnehmen kann, nicht nur Politiker», sagt der Uttwiler Gemeinderat Thomas Krois, der auch das Amt des OK-Präsidenten der Wahlfeier für Brigitte Kaufmann innehat. Die Gemeinde Uttwil als Organisatorin müsse mit mehr als 500 Besucherinnen und Besuchern rechnen. Deshalb sei man vom Gesetz her verpflichtet, für den Einlass ein Covid-Zertifikat zu verlangen. Krois sagt weiter:
«Wir mussten die Feier wegen der Coronamassnahmen schon zweimal verschieben. Und das Amt der Grossratspräsidentin dauert nur ein Jahr.»
Zu den sechs Parlamentariern, die der Feier fernbleiben wollen, sagt Krois: «Jede Person hat das Recht, selber zu entscheiden, ob sie einen solchen Test machen will.» Der Gemeinderat als Exekutive habe jedenfalls in diesem Fall gar keine andere Wahl, als das Gesetz zu befolgen. «Die Politiker der Legislative sind hingegen in einer anderen Position und haben Einfluss auf die Gesetzgebung.»
Grossratspräsidentin Brigitte Kaufmann, um die sich die Feier drehen wird, nimmt den Entscheid ihrer sechs Ratskollegen nicht persönlich.
«Für mich ist das ok. Es ist ein Fest, man kann da hingehen oder eben nicht.»
Oliver Martin habe ihr das Statement der sechs Parlamentarier angekündigt. «Das habe ich sehr fair gefunden. Wir haben offen darüber gesprochen», sagt Kaufmann. Sie schätze es sehr, dass die Gemeinde Uttwil mit der Zertifikatspflicht allen Personen, die an der Feier teilnehmen wollen, eine Teilnahme auch ermöglicht. «Dafür bin ich sehr dankbar. Ich freue mich auf das Fest.»