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Ostschweiz
Frauenfeld & Hinterthurgau
Die grüne Welle wirkt im Thurgau nach. Die Grüne Partei überholt die SP und feiert sechs zusätzliche Sitze.
Die Wahlfeier haben die Grünen zwar abgeblasen. Zum Feiern kamen sie trotzdem zusammen. Oliven, Zucchetti und weitere Antipasti stehen auf den Gartentischen des Frauenfelder «Eisenwerks», dazwischen Laptops, welche die freudigen Nachrichten ausspucken.
Die Sonne scheint – an diesem Sonntag vor allem für die Grüne Partei Thurgau. Das erste Glas Weisswein mundet den Parteimitgliedern schon nach der ersten Hochrechnung. Diese sieht einen Gewinn von fünf Sitzen vor. Die zweite Hochrechnung ist ein Grund, um nachzuschenken. Plus sechs Sitze. Dabei bleibt es. Die Grünen kommen neu auf 15 Mandate. Plus sechs Sitze auf einen Schlag.
Peter Dransfeld schaukelt entspannt auf einem Absperr-Ketteli. Eine Hand am Weinglas, die andere als Sonnenschutz vor den Augen. Der Fraktionschef der Grünen sagt: «Es ist ein Tag der grossen Freude.» Den Zuwachs seiner Partei sieht er als Bestätigung. «Für einen Weg, einen mutigen Weg.»
Die grüne Welle, die im Oktober die bundesbernische Farbenlehre auf den Kopf gestellt hatte, habe bis in den Thurgau durchgeschlagen. Allein der grünen Welle sei der Sitzgewinn aber nicht zu verdanken. Dransfeld wartet einen Moment, bis er den nächsten Satz sagt, um sicherzugehen, dass der Journalist notierfähig ist. «Wer wenig Macht und wenig Geld hat, muss mit Leistung überzeugen.»
Kurt Egger ist in aufgeräumter Stimmung. Am 20. Oktober ging er mit einem Nationalratsmandat im Rucksack nach Hause. An diesem Sonntag darf er so viele Grossratsmandate mitnehmen wie noch nie ein GP-Präsident im Thurgau vor ihm. «Es ist viel mehr als ein Tag der Freude», sagt er und sucht nach einer passenden Formulierung. Doch ein adäquates Wort fällt ihm nicht mehr ein.
Weniger schwer fällt ihm die Suche nach den Gründen. So seien die Themen seiner Partei in der Bevölkerung angekommen. Stichwort Trockenheit. «Im Sommer waren die Wiesen auf dem Seerücken braun», sagt Egger. Trinkwasserfassungen hätten geschlossen werden müssen. «Das beschäftigt die Leute.» Und nährt die Themenkonjunktur.
Die konkreten Auswirkungen auf die Sachpolitik seien schwer abzuschätzen. «Fakt ist, das grüne Kuchenstück im Parlament wird grösser.» So legte auch der Öko-Partner GLP einen Sitz zu. «Aber», sagt Egger, «der Thurgau ist und bleibt ein bürgerlicher Kanton.» Dennoch ist er hoffnungsvoll. «Dass wir bei gewissen Fragen mehr Gewicht haben.»
Mit der neuerlangten Stärke werde bestimmt die Frage des Grossratspräsidiums wieder aktuell. Dieses repräsentative Amt schanzen sich derzeit die vier Regierungsparteien SVP, SP, FDP und CVP zu. Auch das Verhältnis zum Partner am linken Rand werde sich verändern. Im Parlament sind neu mehr Sitze grün als rot. Ein Wermutstropfen am Tag der grünen Sonne.
Dass die Grünen mit Karin Bétrisey auch im Regierungswahlkampf mitmischten, sieht Egger als Vorteil. «Gerade an einem Super-Wahltag.» Die Scheinwerfer der Medien richten sich auf die Regierungsratswahlen. Egger sagt, die Grünen werden in vier Jahren wieder antreten. «Wir haben auch eine Verantwortung.» Die neue Stärke befeuere den Anspruch auf einen grünen Sitz in der Regierung.
Kantonsrat Joost Rüegg trägt einen Schal. Nicht gegen die Kälte, sondern als politisches Statement. Er ist grün. Diese Farbe ist derzeit in Mode – zumindest in der Politik.