Interview
Nach dem Wahlbetrug ist der Thurgauer GLP-Kantonsrat Marco Rüegg endlich im Amt: «Ich fragte mich schon: Geht es hier um meine Person?»

Thurgauer Wahlmanipulation: Am Mittwoch hiess der Grosse Rat den umstrittenen Sitz der GLP gut. Der nun vereidigte Kantonsrat Marco Rüegg spricht über seine Leidenszeit.

Silvan Meile
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Marco Rüegg (GLP) bei der Vereidigung.

Marco Rüegg (GLP) bei der Vereidigung.

Bild: Andrea Stalder

Marco Rüegg, mit welchem Gefühl sind Sie heute aufgestanden?

Ich hatte ein gutes Gefühl. Die Vorfreude überwog. Da die Fakten der Staatsanwaltschaft genug eindeutig sind, glaubte ich fest daran, dass der Grosse Rat meine Wahl genehmigt.

Was ging Ihnen während der Vereidigung durch den Kopf?

Es war ein emotionaler Moment, vergleichbar mit einer Diplomfeier. Nach einer langen Leidenszeit bin ich nun einen Klotz am Bein los. Entsprechend gross ist die Erleichterung – und umso motivierter starte ich jetzt in mein Amt als Kantonsrat. Erste Vorstösse im Bereich erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit habe ich bereits im Kopf. Ich bin voller Tatendrang.

Wie haben Sie die Turbulenzen um ihre Wahl erlebt?

Es war eine sehr beschwerliche Zeit. Ich betrieb ja einen intensiven Wahlkampf. An den ersten Hochrechnungen am Wahlsonntag zeichnete sich dann für mich einen Sitzgewinn ab. Und dann reichte es doch nicht. Als sich später abzeichnete, dass tatsächlich unveränderte Wahlzettel unserer Partei fehlten, fühlte ich mich hintergangen und betrogen. Ich habe zwar ein grosses Vertrauen in unser Wahlsystem. Dass aber in dieser dreieinhalb-monatigen Leidenszeit eine Vermischung zwischen Strafverfahren und politischer Wahlgenehmigung stattfinden musste, erachte ich als Fehler und sollte überdacht werden.

Nahmen Sie diese Wahlmanipulation jemals auch persönlich?

Es gab tatsächlich eine Phase, in der ich mich fragte: Geht es hier gegen mich als Person? Solche Gedanken konnte ich aber schnell wieder verwerfen. Es konnte ja niemand wissen, dass es schliesslich um meinen Sitz gehen wird.