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Ein Gewerbeschüler hat ein Video mit kinderpornografischem Inhalt auf Whatsapp weitergeleitet. Dafür musste er vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen geradestehen. Er wurde schuldig gesprochen, jedoch ohne Strafe.
Letzten Februar hat ein Berufsschüler ein Video in den Whatsapp-Klassenchat der Berufsschule gestellt – darauf zu sehen ist, wie eine Frau einen kleinen Jungen sexuell missbraucht. «Ja, das habe ich getan, und ich bereue das sehr, ich habe das als Witz gesehen und beim ‹Weiterleiten› nichts überlegt», sagte der 19-Jährige bei seiner Verhandlung vor dem Bezirksgericht Kreuzlingen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihn wegen der Verbreitung von pornografischem Material mit Minderjährigen angeklagt. Er sei dafür mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 30 Franken, bedingt erlassen bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie einer Busse von 500 Franken zu bestrafen.
Das Lachen ist ihm vergangen
«Mein Mandant ist ein integrer junger Mann, der seine Lehre mit der Note 5,1 abgeschlossen hat, und sein Lehrbetrieb hat ihm ein tadelloses Leumundszeugnis ausgestellt», sagte der Verteidiger des Beschuldigten. Er sei weder pädophil noch habe er eine gestörte Persönlichkeit – das Video wurde ihm von einem Kollegen ungefragt zugeschickt.
«Er hat einen Fehler gemacht, und er ist geständig.»
Hinter jedem dieser Videos stehe das Schicksal eines Kindes – diese Lektion habe der junge Mann gelernt und als Wiedergutmachung und Zeichen seiner Reue 500 Franken an die Organisation «Kinderschutz Schweiz» gespendet. Der Verteidiger appellierte ans Gericht, das Verfahren einzustellen oder zumindest Milde walten zu lassen.
«Der Tatbestand ist erfüllt und dies ist kein Bagatelldelikt», erklärte der Gerichtspräsident bei der Urteilsverkündung und sprach den 19-Jährigen im Sinne der Anklage schuldig. Hinter solchen Videos stehe ein reales Opfer: ein Kind, das missbraucht wird, und Mitschüler, die sich das unfreiwillig anschauen mussten. Das Gericht halte ihm aber zugute, dass er zu seinem Fehler stehe, ihn nicht bagatellisierte und mit der Spende versucht habe, bewirktes Unrecht auszugleichen. Das Gericht habe von einer Strafe abgesehen, würde es aber gerne sehen, wenn der junge Mann eine weitere Wiedergutmachung leisten würde. Zudem müsse er die Untersuchungs- und Verfahrenskosten von 1252 Franken und die Honorarforderungen seines Anwaltes übernehmen.
Schuldig, aber nicht vorbestraft
Der junge Mann kann sich über das milde Urteil freuen. Er wurde zwar schuldig gesprochen, aber ohne Strafe gilt er nicht als vorbestraft. Das dürfte ihm bei der Arbeitssuche helfen. Zudem hat das Gericht auf eine Anordnung eines Tätigkeitsverbots mit Kindern verzichtet. «Wir sind überzeugt, dass es Ihnen nicht darum gegangen ist, solche Bilder zu konsumieren.» Der Gerichtspräsident gab dem jungen Mann noch folgenden Rat mit auf den Weg:
«Halten Sie sich fern von Menschen, die Ihnen solche Videos zuschicken, zeigen Sie Charakter.»
Der Verteidiger meinte nach der Verhandlung: «Meines Wissens sind weitere solche Anklagen hängig. Es wäre schön, wenn die Schulen im Informatikunterricht dieses Thema aufgreifen würden. Mein Mandant war sich nicht bewusst, dass er sich mit nur einem Klick strafbar machen könnte.»