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Den Turmhof heil ans Ziel zu bringen, ist dem Stiftungspräsidenten und früheren Kantonsarzt Alfred Muggli letztlich geglückt. Der 78-Jährige Steckborner spricht von der enormen Belastung durch das Projekt.
Alfred Muggli, ich möchte gerne wissen, wie es Ihnen geht, heute einen Tag vor der Eröffnung des sanierten Turmhofs?
Bald gut (lacht). Ich bin nicht unglücklich, dass ich am Samstag als Präsident der Stiftung Turmhof zurücktreten darf. Die Arbeit für das Projekt war doch eine enorme Belastung, und mit zunehmendem Alter ist man nicht mehr so flexibel.
Die jüngere Geschichte des Turmhofs ist geprägt von Konflikten und Streit. Welches war für Sie der schwierigste Moment?
Das war schon die Affäre um die Bevormundung der Stifterin Doris Hertner. Der Konflikt 2008 drehte sich vor allem um den damaligen Stadtpräsidenten und Präsidenten der Stiftung, der gleichzeitig auch Präsident der Vormundschaftsbehörde war. Er trat in der Folge als Stiftungspräsident zurück, und ich übernahm mit Urs W. Seiler die Leitung, vorerst als Co-Präsidium.
Ich hätte jetzt erwartet, dass Sie den Moment erwähnen, als die Heimatvereinigung gegen alle Pläne der Stiftung Sturm lief?
Nein. Die Bevormundung war eine zünftige Zäsur. Ich hatte ja keinen Einblick in die Akten. Aber ich bin überzeugt, dass Frau Hertner ursprünglich tatsächlich Hilfe suchte bei den Steckborner Behörden. Letztlich hat das Bundesgericht aufgrund eines Formfehlers gegen die Behörde entschieden. Auch eine freiwillige Bevormundung benötigt eine ärztliche Beurteilung, was in diesem Fall fehlte.
Im Nachgang zu dieser Affäre haben Sie das Präsidium der Stiftung übernommen. Warum eigentlich?
Als Mitinitiant der Stiftung und als damaliger Präsident der Kirchgemeinde, welche den Turmhof der Stiftung verkauft hatte, fühlte ich mich für das Schicksal der Stiftung immer verantwortlich. Unter dem damaligen Imageverlust des Turmhof-Projekts habe ich gelitten, obwohl im Grunde genommen die Stiftung nichts dafür konnte. Klar gab es später auch die gerichtlichen Auseinandersetzungen mit der Heimatvereinigung wegen der Kündigung der Museumsräumlichkeiten, aber die Sache mit der Bevormundung war klar schwieriger.
Doch das erste grosse Projekt der Stiftung haben dann die Steckborner mit ihren Unterschriften gebodigt?
Ja, die 367 Unterschriften der Petition während der ersten Bauauflage kamen fast alle aus Steckborn. Da wurde etwa auch behauptet, der Zugang zum See soll gesperrt werden oder es koste den Steuerzahler viel Geld. Die Argumente waren nicht immer ganz seriös. Aber ich verstehe, dass man gegen den geplanten Abbruch von Wasserwerk und Remise sein kann. Obwohl, eine Schönheit ist dieses Pumpenhaus nun wirklich nicht. Nur die Lage ist schön.
Die beiden Gebäude stehen noch. Und den geplanten Veranstaltungssaal hat die Stiftung nicht realisiert.
Vor dem Hintergrund der vielen Unterschriften und dem sichtlichen Widerstand liess der damalige Denkmalpfleger zwei neue Expertisen erstellen. Diese kamen zum Schluss, dass die alte Remise nicht abgerissen werden darf. Das Wasserwerk aus dem Jahr 1944 hätten wir schon abbrechen dürfen. Dennoch waren unsere ersten Pläne hinfällig.
Dahinter steckte aber doch letztlich der Konflikt um die Nutzung des Hofs als Ortsmuseum. Die Heimatvereinigung als Betreiberin des Museums forderte ab Herbst 2011 «alles oder nichts» und wollte den Turmhof sogar kaufen. Die Stiftung habe kein Geld mehr, hiess es. Mich wundert, dass es morgen überhaupt ein Einweihungsfest gibt?
Ein wichtiger Zweck der Stiftung war von Anfang an, zu Geld zu kommen. Die Finanzkrise 2008 machte uns einen zünftigen Strich durch die Rechnung. Zur Mittelbeschaffung verfolgte die Stiftung daher den Weg, im Turmhof attraktive Wohnungen zu bauen und zu vermieten, was dann dem Ortsmuseum im dritten Stock Teile der Ausstellungsfläche gekostet hätte. Das löste den grossen Widerstand hier in Steckborn aus, obwohl wir der Heimatvereinigung Alternativen angeboten hatten für Sonderausstellungen. Uns wurden Steine in den Weg gelegt, woraus wir nun etwas gebaut haben – frei nach dem Zitat von Johann Wolfgang Goethe. Es hat für mich keinen Sinn, mich über die Widerwärtigkeiten aufzuregen.
Aber angesichts der ersten Pläne können Sie mit dem jetzigen Resultat nicht wirklich zufrieden sein?
Die moderne Architektur mit dem «Betonriegel», wie es sofort hiess, hätte sehr gut zum Turmhof-Ensemble gepasst. Doch mit dem Nein zum Abbruch der Remise war der Plan A begraben. Damit mussten wir uns abfinden und einen Plan B entwickeln. Das hiess, in erster Linie die bestehenden Wohnungen zu renovieren und die kulturellen Ziele vorerst zurückzustellen. Aber im Foyer finden weiterhin Anlässe statt. Veranstaltungen gibt es auch im Innenhof, wie etwa das Open-Air-Kino Anfang Juli. Die Räume stehen allen zur Verfügung. Ein Museumsbistro gibt es jedoch keines, die Besucherfrequenz ist dafür schlicht zu gering, und es gibt keine Parkplätze.
Wie werden die Steckborner ihren Turmhof, so wie er nun ist, annehmen?
Das Areal war ja praktisch ausgestorben. Wie weit nun das Museum zu einer Belebung beitragen wird, kann ich nicht beurteilen. Es bleibt ein Ortsmuseum, beschränkt auf die Region. Eine überregionale Ausstrahlung wird es kaum geben und somit auch keinen grossen Besucherandrang. Ich bin aber überzeugt: Sobald alle acht Wohnungen vermietet sind, zieht Leben ein. Ein Ziel der Stiftung bleibt es, in Foyer und Innenhof kulturelle Anlässe zu veranstalten. Aber all das benötigt auch Geld.
Wie sieht es eigentlich diesbezüglich bei der Stiftung aus?
Weil der Plan A nicht zu Stande kam, stand die ursprünglich vom Kanton gesprochene eine Million aus dem Lotteriefonds nicht mehr zur Verfügung, die Hälfte des Betrages, weil der Mehrzwecksaal nicht gebaut wurde, die andere Hälfte wegen der Geschichte um den Ausbau des Ittinger Museums. Möglicherweise gibt es nun aber ein zinsloses Darlehen aus dem Fonds.
Für die Sanierung musste die Stadt Steckborn noch vergangenes Jahr einen Millionenkredit und eine Bürgschaft sprechen.
Die Sanierung kostet 5,4 Millionen Franken. Der Turmhof macht davon 1,3 Millionen aus. Die Stadt Steckborn gewährt uns ein Darlehen von 1,35 Millionen und die TKB einen Baukredit von 3,1 Millionen. Dazu kommen Eigenmittel der Stiftung von 900'000 Franken. Weitere 40'000 Franken hat die Stadt an die Gestaltung des Platzes beigesteuert. Und letztlich gibt es Beiträge von Stadt und Kanton von insgesamt gut 664'000 Franken an die denkmalpflegerisch bedingten Mehrkosten.
Noch 900000 Franken Eigenmittel. Das ist nicht gerade viel, angesichts des Startkapitals von drei Millionen.
Schon kurz nach der Gründung schrumpfte das Kapital wegen Aktienkursverlusten von 3 auf noch 2,4 Millionen. Als erstes kaufte die Stiftung den Turmhof für eine halbe Million. Weiter erwarb die Stiftung von der Stadt das Kaufhaus, die Schmitte und das Wasserwerk, was wiederum mehrere 100'000 Franken kostete. Und wir gaben natürlich sehr viel Geld für Planungen aus, was man im Nachhinein bedauern kann. Andererseits erhielten wir auch Beiträge von der Jubiläumsstiftung der Kantonalbank und weiteren Stiftungen