Herzklinik-Chefs auf der Anklagebank

Die Staatsanwaltschaft klagt drei Chefs des Herz-Neuro-Zentrums Bodensee an. Sie hätten Patienten überteuerte Medizinalprodukte verrechnet und selber davon profitiert. Die Klinik weist die Vorwürfe zurück.

Silvan Meile
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Klinikdirektor Martin Costa und Anwalt Andreas Hebeisen erklären in Kreuzlingen die Sicht des Herz-Neuro-Zentrums. (Bild: Andrea Stalder)

Klinikdirektor Martin Costa und Anwalt Andreas Hebeisen erklären in Kreuzlingen die Sicht des Herz-Neuro-Zentrums. (Bild: Andrea Stalder)

Nach jahrelangen Ermittlungen erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen das Herz-Neuro-Zentrum. Die Ermittler belangen die Klinik-Chefs wegen gewerbsmässigen Betrugs und ungetreuer Geschäftsführung mit Bereicherungsabsichten an. Die Herzklinik soll zu Lasten der Patienten beziehungsweise der Krankenkassen deutlich zu viel für Medizinalprodukte verrechnet haben. Diesen Vorwurf lässt die Klinikleitung nicht auf sich sitzen. Direktor Martin Costa versuchte am Montagnachmittag am Hauptsitz in Kreuzlingen vor Medienvertretern die Vorwürfe zu widerlegen. «Wir sind zuversichtlich, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft vor Gericht nicht standhalten werden.»

Kein Betrug sondern Win-Win-Situation

Im Zentrum des Verfahrens steht die ProVentis Care Solutions AG im zugerischen Ägeri. Diese Handelsfirma für Medizinalprodukte gründeten und führten drei Mitglieder der Geschäftsleitung der Klinik am Bodensee selber. Nicht mehr wie bis anhin direkt beim Hersteller, sondern über die ProVentis, bezog das Herz-Neuro-Zentrum von da an rund 25 verschiedene Medizinalprodukte. Statt für den Tarifpreis von 717 Franken seien dort gemäss Medienberichten beispielsweise Stents, auch Herzkatheter genannt, für den drei bis vierfachen Preis bezogen worden. Davon habe schliesslich die Geschäftsleitung, Martin Costa, Dierk Maass und Antoinette Airoldi, profitiert, lautet der Vorwurf.

«Das wurde falsch berichtet und entbehrt jeder Grundlage», sagt Costa. Das Herz-Neuro-Zentrum habe immer zu Marktpreisen eingekauft. «Fakt ist, dass nie Medizinalprodukte zu überteuerten Preisen von ProVentis bezogen wurden.» Im Gegenteil: Dank dieser zwischengeschobenen Handelsfirma hätten die Produkte beim Hersteller günstiger eingekauft werden können. Mit ProVentis habe man von Preisvorteilen profitiert, die der Klinik als Direkteinkäuferin nicht gewährt wurden.

Im Zeitraum von Ende 2005 bis 2011 beliefen sich laut Costa die Einsparungen der Klinik auf schätzungsweise rund zwei Millionen Franken. Von der ProVentis hätten auch die Patienten und die Krankenkassen profitiert. Das würde ein in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten und auch die Einschätzung einer Krankenkasse bestätigen. «Es liegt weder in strafrechtlicher noch in versicherungsrechtlicher Hinsicht eine Verfehlung vor», sagt Costa.

«Wir rechnen auch hier mit einem Freispruch»

Anders sieht das die Staatsanwaltschaft. Nach «sehr, sehr umfangreichen Untersuchungen und Ermittlungen ist am 12. Oktober Anklage erhoben worden», sagt Marco Breu, Mediensprecher der Thurgauer Staatsanwaltschaft. Rund 40 Bundesordner an Akten seien dabei angefallen. Über diese müssen als nächstes die Richter am Bezirksgericht Kreuzlingen befinden. Die Staatsanwaltschaft will sich derzeit nicht zum Inhalt dieses Falls äussern. Sie verlangt für die drei Geschäftsleitungsmitglieder der Klinik bedingte Freiheitsstrafen zwischen zwei und vier Jahren, erklärt Klinikdirektor Costa. Bei ihm seien drei Jahre gefordert, davon sechs Monate unbedingt.

Im Fokus des Verfahrens dürften auch die Gewinne der ProVentis stehen. Obwohl mit ihr günstiger habe eingekauft werden können, war sie lukrativ. Davon haben wohl die drei Beschuldigten auch persönlich profitiert. Wieso der Gewinn dieser Handelsfirma aber nicht an die Herzklinik weitergegeben wurde, begründet der Klinikdirektor mit Richtlinien der Steuerverwaltung sowie Vorgaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Auch unter nahestehenden Gesellschaften müssten marktorientierte Preise verrechnet werden. «Der Vorwurf, dem Herz-Neuro-Zentrum hätte der Preisvorteil von ProVentis weitergehend zugestanden, entbehrt schon aus steuerrechtlichen Überlegungen jeglicher Grundlage», sagt Costa.

Die Herzklinik Kreuzlingen und Konstanz wurde in der Vergangenheit mit verschiedenen Anschuldigungen konfrontiert. «Wir rechnen auch hier mit einem Freispruch und begrüssen eine unabhängige Klärung durch das Gericht.»