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Frauenfeld & Hinterthurgau
Wegen fahrlässiger Tötung muss sich am Montag ein Tauchlehrer vor dem Bezirksgericht Frauenfeld verantworten. Der 41-Jährige habe vor dem tödlichen Tauchunfall im Frühling 2021 in Diessenhofen, bei dem eine 29-Jährige nach der Kollision mit einem Kursschiff ums Leben gekommen ist, mehrfach die Sorgfaltspflichten verletzt.
Aufmerksames Lesen hätte die Tragödie verhindern können. Dessen ist sich die Staatsanwaltschaft Kreuzlingen im Fall des tödlichen Tauchunfalls am vergangenen Ostersonntag im Rhein bei Diessenhofen sicher, als eine 29-Jährige nach einer Kollision mit einem Kursschiff nur noch leblos geborgen werden konnte.
In einem E-Mail soll dem Beschuldigten nicht aufgefallen sein, dass es ein Missverständnis zwischen ihm und der Schifffahrtsgesellschaft für Untersee und Rhein (URh) gab. Vier respektive drei Buchstaben zwischen OsterSONNtag und OsterMONtag fielen dem heute 41-jährigen Inhaber einer Tauchschule in Schaffhausen nicht auf, als er sich bei der URh nach den Abfahrtszeiten der Kursschifffahrt erkundigte und es zum folgenschweren Missverständnis kam.
«Er ging daher aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit fälschlicherweise davon aus, dass am Ostersonntag das Schiff um 9.10 Uhr ab Schaffhausen nicht verkehren wird.»
Das schreibt die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift zur Verhandlung vom Montagnachmittag vor dem Bezirksgericht Frauenfeld. Dort muss sich der Tauchlehrer wegen fahrlässiger Tötung verantworten. Als Privatkläger sind die Eltern sowie der Bruder des Opfers aufgeführt.
Gegen 9 Uhr am Ostersonntag 2021 stiegen zwölf erfahrene und ausgebildete Taucherinnen und Taucher – darunter die 29-jährige Thurgauerin – auf Anleitung des Beschuldigten beim Gasthaus Schupfen in den Rhein, um in der Fahrrinne der Kursschiffe rheinabwärts zu tauchen, obschon es dort verboten ist. Eine Bewilligung des Kantons Schaffhausen lag zwar vor. Sie gelte aber nicht für Tauchgänge auf dem Hoheitsgebiet des Kantons Thurgau, schreibt die Staatsanwaltschaft.
Die Bewilligung erlaubt höchstens Tauchgänge ausserhalb der Fahrplanzeiten der URh. Zudem war weder die Einstiegs- noch die Ausstiegsstelle bei der Schifflände in Diessenhofen mit einer erforderlichen Taucherflagge gekennzeichnet, die der Sicherheit und Orientierung für Boote dient. Hinzu kommt das kommunikative Missverständnis, womit «sich der Beschuldigte sorgfaltspflichtwidrig unzureichend über die geplanten Schifffahrten vom Ostersonntag informiert» hat, heisst es in der Anklageschrift weiter.
Gegen 10.10 Uhr legte das Kursschiff von Schaffhausen herkommend an der Schifflände in Diessenhofen an. Als der Kapitän seine Fahrt in Richtung Stein am Rhein fortsetzte, stiegen zwei Taucher bei der Schifflände Diessenhofen aus. Er wusste aber weder vom stattfindenden Tauchgang noch sah er eine Tauchflagge und ging daher von keiner Gefahr aus – mit verheerenden Folgen. Mehrere hundert Meter oberhalb der Holzbrücke erfasste das Kursschiff das Opfer und verletzte es tödlich. Nach einer gross angelegten Suchaktion mit internationaler Beteiligung konnten die Rettungskräfte den leblosen, durch die Antriebsschraube des Kursschiffes verletzten Körper eine knappe Stunde später bergen.
Wegen der Unachtsamkeit und des Missverständnisses im E-Mail-Verkehr, der ungültigen Bewilligung, des Tauchgangs in einem verbotenen Gewässer sowie der fehlenden Markierungen «war ein Zusammentreffen im untiefen und engen Fliessgewässer und damit die Kollision zwischen den Tauchern und dem Kursschiff faktisch unvermeidlich». Der tödliche Unfall hätte vom Beschuldigten vermieden werden können, ja sei gar vorhersehbar gewesen, klagt die Staatsanwaltschaft an.
Der Beschuldigte habe in mehrfacher Hinsicht die Sorgfaltspflichten verletzt. Deshalb sei er wegen fahrlässiger Tötung schuldig zu sprechen. Das beantragte Strafmass liegt bei einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten sowie einer Busse von 5000 Franken.