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Die getrockneten Samen bekommt sie direkt aus Brasilien geschickt. Vor 30 Jahren hat Karin Dunkelmanns Leidenschaft ihren Anfang genommen. Heute kultiviert sie Hunderte von Chilipflanzen in verschiedenen Sorten und Schärfegraden.
Karin Dunkelmanns Stube erinnert leicht an einen Dschungel. Üppige Grünpflanzen säumen die Fensterfront. Ganz falsch liegt man bei diesem Gedanken nicht: Gleich beim Eingang stehen wilde Chilipflanzen aus dem brasilianischen Dschungel. Die zarten Pflänzchen sind ihr ganzer Stolz. Die Kennerin sagt:
«Die getrockneten Samen schickt mir jeweils ein Freund aus Brasilien per Post. Diese stammen alle von wildwachsenden Chilis.»
Die Samen legt sie in verdünntem Kamillentee ein, der antiseptisch wirkt und diese laut ihren Worten zum Leben erweckt. Nach 24 Stunden steckt sie jeden Samen in einen separaten, gewässerten Quelltap aus Kokosfasern. Eine Arbeit, bei der es viel Geschick und Konzentration braucht, wie ihr Mann bestätigt. Danach kommen die Quelltaps in eine Plastikbox und an die Heizung. Dunkelmann sagt dazu:
«28 bis 30 Grad sind die ideale Keimtemperatur.»
Sind die Keimlinge sichtbar, benötigen diese viel Licht für das weitere Wachstum. Die idealen Lichtquellen sind speziell helle Pflanzenlichtlampen, die rund 15 Stunden am Tag leuchten. Dies sei besonders in dieser Jahreszeit unerlässlich, da das Tageslicht nicht ausreicht, so Dunkelmann.
Gut 30 Jahre ist es her, dass Karin Dunkelmann selber in Brasilien war und mit ihrer ersten Chilipflanze zurückkehrte. Aus Begeisterung haben diese Pflanzen in den letzten zehn Jahren um ein Vielfaches zugenommen. «Wir haben einen grossen Garten», fügt sie augenzwinkernd zu. Eine Lieblingssorte hat sie nicht, doch haben es ihr die wilden, oft extrem scharfen Chilis besonders angetan, weil sie einen hohen Scoville-Grad aufweisen. Sie schwärmt:
«Alleine die vielfarbigen, zierlichen Blüten sind jedes Jahr eine Augenweide.»
Pro Tag investiert sie momentan drei Stunden in die Chilipflanzen, die nach ihrer Aussage gerne verhätschelt werden. Im Sommer benötigt sie ein Vielfaches mehr an Zeit, bis die anvisierten 800 Pflanzen gewässert und umgetopft sind. Die Menge der Pflanzen hat sie deshalb verdoppelt, weil sie seit Anfang Jahr einen Webshop für ihr Chili Paradies betreibt. Zu kaufen gibt es nebst Saatgut und Pflanzen in Bio-Qualität auch getrocknete oder in Öl eingelegte Chilis. Darunter befindet sich auch ihre Kreuzung von Chilis der Sorte Habanero und Carolina Reaper, eine der schärfsten Chilis. Die Früchte dieser Züchtung ziert auch das Firmenlogo.
Mittels der Scoville-Skala kann die Schärfe der Früchte aller Paprikapflanzen bestimmt werden. Die Skala wurde 1912 vom amerikanischen Pharmakologen Wilbur Scoville entwickelt. Je schärfer eine Frucht ist, desto höher ist der Gehalt von Capsaicin. Dieser Stoff reizt die Schmerzrezeptoren der Schleimhaut und löst ein Schärfeempfinden aus. Bei einer Peperoni etwa werden zwischen 100 und 500 Scoville-Grad gemessen. Eine wildwachsende Chiltepin, die Urform der Chilis, liegt bereits bei 50'000 bis 100'000 Grad. Die schärfste Sorte, Carolina Reaper, kommt auf 2,2 Millionen Grad. (clk)
Wenn sie zusätzliche Gestelle für die Pflanzen benötigt, zimmert sie diese in der grossen Werkstatt gleich selber. Denn Karin Dunkelmann ist auch Inhaberin der Firma Kaninchenstall-Paradies, wo sie individuelle Ställe auf Mass anfertigt. «Genau wie bei den Kaninchenställen möchte ich bei den Chilis der Kundschaft etwas Besonderes bieten», sagt sie. Ebenfalls in einem handgemachten Kästchen bewahrt sie ihr grösstes Gut auf: getrocknete Samen von gegen hundert eigenen Chilisorten.