Seit Freitagabend ist klar: Der Grenzzaun zwischen Kreuzlingen und Konstanz wird abgebrochen. Dies geschieht im Zusammenhang mit dem Entschluss auf Bundesebene, die Grenzen zu lockern.
Die Thurgauer Regierungsrätin Cornelia Komposch schneidet um 20.28 Uhr einen Kabelbinder durch. Dann hebt sie den Zaun an und öffnet eine Lücke. Hunderte Schaulustige applaudieren. Die Grenze – aus Pandemiegründen vor zwei Monaten geschlossen – ist endlich wieder offen. «Es ist ein supergutes Gefühl», sagt Thomas Niederberger, Stadtpräsident von Kreuzlingen: «Auf diesen Moment haben wir lange gewartet.» Endlich können die Lokalpolitiker anstossen und feiern.
Als Erste drängen sich Reporter durch die Lücke im Zaun. Es folgen Familien und Freunde, die sich freudig grüssen und umarmen. Jemand lässt «Wind Of Change» laufen, eine Frau singt «Kumbaya». Der Oberbürgermeister von Konstanz, Uli Burchardt, macht Selfies. Er spricht von «einem historischen Tag. Wir lernen nun offene Grenzen schätzen und wissen, dass diese nicht selbstverständlich sind.»
Er ist weg! 😊 Danke an alle Zivilschützer für den heutigen Einsatz. #grenzoeffnung #grenzzaun pic.twitter.com/vA0JmkmUtR
— Zivilschutz Kreuzlingen (@ZSOKreuzlingen) May 15, 2020
Mitten im Gewühl steht auch Josef Bieri. Als ehemaliger Stadtammann durfte er 2006 den damaligen Grenzzaun von 1938 durchschneiden. «Dass die Grenze so schnell wieder zugeht, hättest du damals nicht gedacht», sagt Burchardt zu ihm.
Die Sicherheitskräfte sehen dem Treiben derweil skeptisch zu. In der Tat nutzen diese Gelegenheit einige Jugendliche für einen nach wie vor illegalen Grenzübertritt. Simon Hofmann vom regionalen Führungsstab sagt: «Es ist jetzt eine offene-geschlossene Grenze.» Die Grenzwache ist an diesem Abend absichtlich nicht vor Ort. Streng kontrolliert und für Ordnung gesorgt wird wieder ab Samstag. Die Schweiz, Frankreich, Österreich und Deutschland werden erst ab dem 15. Juni ihre Grenzen vollends öffnen. Dies gab der Bundesrat am Mittwoch bekannt.
Liebespaare, Verwandte und Schrebergartenbesitzer wie jene im Tägermoos dürfen bereits heute wieder einreisen — müssen aber eine Deklaration ausfüllen. Das verkündete Staatssekretär Mario Gattiker am Freitag in Bern. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) habe mittlerweile realisiert, dass es sich in vielen Bereichen ausserhalb der Ehe um «grenzüberschreitende Lebensrealitäten» handle, sagte Mario Gattiker.
Marcel Maier aus Konstanz erzählt, wie es für ihn war, durch den Zaun von seiner Mutter getrennt gewesen zu sein:
Der ehemalige Kreuzlinger Stadtammann Josef Bieri sagt im Video wie es sich anfühlt, zum zweiten Mal mitzuerleben, wie ein Grenzzaun zwischen Kreuzlingen und Konstanz abgebaut wird.
Regierungsrätin Cornelia Komposch ist da. Wie auch Stadtpräsident Thomas Niederberger. Es kann losgehen.
„U huere guät“, sagt sie, wie es sich anfühlt. Der Hag ist offen!
Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt hält den Schampus bereit. Noch 10 Minuten bis zum grossen Moment.
Der Zivilschutz bringt Licht für die Medien Show.
Der Konstanzer Bundestagsabgeordnete Andreas Jung (CDU) schaut sich das Spektakel an. Er hat seit langem in Berlin für das Abbrechen des Grenzzauns lobbyiert. Nun wurde sein Einsatz belohnt, er freut sich.
«Der Zaun gehört hier einfach nicht her»: Simon und Julia aus Kreuzlingen stossen darauf an, dass der Grenzhag heute Abend fällt.
Enrico Deringer aus Kreuzlingen verrät uns im Video, was er alles vorhat, wenn nicht nur der Grenzzaun weg ist, sondern er auch offiziell wieder über die Grenze darf:
Unser Videojournalist Raphael Rohner ist vor Ort und kommentiert die Lage in einem Video:
Ganze Familien sind gekommen, um diesen Moment zu verfolgen. Auch wenn die Kinder wahrscheinlich noch nicht ganz begreifen, was hier vor sich geht, schauen sie den Arbeiten gespannt zu.
Diese zwei Freunde geniessen diesen historischen Moment am Grenzzaun zusammen:
Der erste Spalt ist auf. Allerdings nur, um die grenzüberschreitenden Brettspiele in Sicherheit zu bringen.
Ruth Scherrer aus Luzern kam extra nach Kreuzlingen, um zu sehen wie der Grenzhag fällt. Im Video erzählt sie, warum das für sie so ein spezieller Moment ist:
In Konstanz fahren jetzt ebenfalls die Lastwagen auf, um die Gatter abzutransportieren
Die Stimmung ist gut und die Spannung steigt. Um 20.30 Uhr werden vor Ort die regionalen Politiker von beiden Seiten erwartet um den Grenzhag medienträchtig zu öffnen. Angekündigt sind Stadtpräsident Thomas Niederberger, Oberbürgermeister Uli Burchardt, der Konstanzer Landrat Zeno Danner und Regierungsrätin Cornelia Komposch.
Der erste Hag ist weg! Aber es ist lediglich der gesperrte Bahnübergang neben der Grenze der wieder geöffnet ist.
Jetzt geht es weiter zum Grenzübergang Klein Venedig. Die Zivilschützer entfernen unter Beobachtung einer grossen Medienschar die Zäune. Die Betonsperren holte das kantonale Tiefbauamt schon am Nachmittag ab.
Der Kreuzlinger SP-Gemeinderat Adrian Knecht läuft zufällig vorbei als der Hag zurückgebaut wird und sagt im Video, was das ihn ihm auslöst:
Der Kreuzlinger Stadtrat Thomas Beringer mit den gesammelten Werken.
Auf der Schweizer Seite sind zahlreiche Schaulustige anwesend. Der Kreuzlinger Gemeinderat Fabrizio Ribezzi will der erste sein, der ein Bild auf Facebook postet. Derweil sieht die gegenüberliegende Seite verwaist auf: keine deutsche Polizei, fast keine Passanten.
Zwei Kreuzlinger Stadträte und Mitglieder des Zivilschutzes sind mit den Vorbereitungen beschäftigt. Die vielen Botschaften am Zaun werden sorgfältig entfernt. Die beiden Städte sammeln die Botschaften und wollen nach dem Sommer eine gemeinsame Ausstellung machen.
Die Medien, der Zivilschutz und zahlreiche Personen warten... Um 19.00 soll es am Grenzübergang Klein Venedig losgehen mit der Entfernung der Zäune, um 20.30 soll dann der Hag an der Kunstgrenze fallen - Koordiniert mit der deutschen Bundespolizei.
(sba/red/ubr) Am Freitagnachmittag gab es eine Telefonkonferenz mit weitreichenden Folgen: Vertreter der deutschen und schweizerischen Behörden haben gemeinsam beschlossen, den Grenzzaun zwischen Kreuzlingen und Konstanz abzubrechen. Der Rückbau basiert auf dem bundesrätlichen Entschluss, dass ab dem 16. Mai die Grenzen gelockert werden.
Gemäss diesem Entschluss auf Bundesebene wird die gegenseitige Einreise zwischen der Schweiz, Deutschland und Österreich wieder erlaubt für Personen, die ihre Lebenspartnerinnen und Lebenspartner oder ihre Verwandten besuchen oder an wichtigen Familienanlässen teilnehmen wollen.
Das Gleiche gilt für Besitzer von selbst genutzten Liegenschaften und Schrebergärten sowie von Landwirtschafts-, Jagd- oder Forstflächen. Ebenso dürfen Personen einreisen, die Tiere versorgen müssen. Diese Lockerung an den Landesgrenzen tritt in der Nacht auf Samstag, 16. Mai 2020, um Mitternacht in Kraft.
Kurz nach 15 Uhr fährt ein LKW des kantonalen Tiefbauamts vor und entfernt am Grenzübergang Klein Venedig in Kreuzlingen die Betonelemente, die Zäune und Gitter bleiben indes noch stehen. Selbes spielt sich am Grenzübergang an der Wiesenstrasse und am ehemaligen Hauptzoll ab. Das Fotografieren der Szenerie wird von Grenzwächtern vor Ort untersagt. Der doppelte Grenzhag bei der Kunstgrenze steht noch.