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Von fünf auf zwei: Die Ersatzwahl um den freien Sitz im Stadtrat von Steckborn verwandelt sich in einen Zweikampf. Jetzt entscheidet der zweite Wahlgang am 25. Oktober.
Das Stimmvolk hat gesprochen, jedoch noch nicht abschliessend. Denn es wird kaum überraschend am 25. Oktober nochmals an die Urne treten müssen, um den freien Sitz im siebenköpfigen Stadtrat von Steckborn neu zu besetzen. Niemand der fünf Kandidierenden hat im ersten Wahlgang am gestrigen Sonntag das absolute Mehr von 636 Stimmen erreicht.
Dieser Marke deutlich am nächsten gekommen ist die 44-jährige Intensivpflegefachfrau und Redaktorin Kathrin Mancuso (parteilos). Sie zeigt sich denn auch sehr überrascht, dass sie mit ihren 412 Stimmen in Front liegt. «Dass ich so deutlich vorne liege, finde ich mega», sagt sie.
Ihre offene, positive und fröhliche Art hätten überzeugt, glaubt sie dank vieler Rückmeldungen aus der Bevölkerung. An einen Frauenbonus hingegen glaubt sie nicht. Mancuso meint:
«Entscheidend ist vielmehr die Frage nach der Kompetenz.»
Nach Überraschungsfrau Kathrin Mancuso klafft eine Lücke von 141 Stimmen zu Jack Rietiker (parteilos). Der 52-jährige Ingenieur und Psychologe freut sich über Platz 2. Er sagt:
«Damit hätte ich nicht gerechnet, weil ich in Steckborn noch nicht so bekannt bin.»
Hinter Rietiker folgt eine Zäsur, denn sowohl Sandra Marolf (parteilos, 235 Stimmen) als auch Judith Kern (parteilos, 194 Stimmen) und Moritz Eggenberger (GLP, 149 Stimmen) streichen die Segel und treten im zweiten Wahlgang nicht mehr an.
Damit verwandelt sich der einstige Fünf- in einen Zweikampf zwischen Mancuso und Rietiker. «Die Chancen stehen gut», sagt Mancuso, die nun zunächst mit ihrem Wahlkampfkomitee das Gespräch sucht. Rietiker ist sich seines Rückstandes bewusst. Aufgeben kommt ihm jedoch nicht in den Sinn. «Ich habe jetzt vier Wochen Zeit, um die Wähler von mir zu überzeugen», sagt er.
Sandra Marolf nimmt sich trotz kleinem Rückstand zu Rietiker selbst aus dem Rennen. «Ein freier Sitz sollte zwischen den beiden Erstplatzierten entschieden werden», sagt die 32-jährige Controllerin. Zwar seien Mancuso und Rietiker kompetent und befähigt genug, im Stadtrat erfolgreiche Arbeit zu leisten, meint Marolf. Sie gibt ihre Wahlempfehlung jedoch Mancuso ab, weil sich Rietiker gegen den neuen Sportplatz ausgesprochen hat. Marolf sagt:
«Steckborn braucht einen neuen Sportplatz.»
Als Grund für ihr Abschneiden sagt sie, dass sie im Wahlkampf möglicherweise zu wenig präsent gewesen sei, beispielsweise bei der offenen Fragerunde beim Marktplatz. «Aber vielleicht ergibt sich ja bei den Gesamterneuerungswahlen 2023 wieder eine Chance», sagt sie.
Ähnlich sieht es Judith Kern, obschon bis 2023 noch vieles vorstellbar ist. «Ich habe mir mehr erhofft, klar», sagt die 47-jährige Sozialpädagogin zu ihrem Resultat. Wegen ihrer beruflichen Herkunft habe sie es im «bürgerlichen Steckborn» schwer gehabt. Ob ihr der Einsitz im Vorstand der Wohnbaugenossenschaft oder ihre Liaison zu alt Stadtpräsident Roger Forrer zum Verhängnis geworden sind, darüber will sie nicht spekulieren. «Es kann sein», sagt sie und ergänzt:
«Jede Stimme, die ich der Liebe wegen nicht bekommen habe, ist super und richtig so.»
Das schlechteste Resultat gelingt Moritz Eggenberger (GLP). Für den 33-jährigen Projektmanager ist das jetzige Wahlergebnis gleichbedeutend mit der zweiten Enttäuschung innert kurzer Zeit. «Es ist wie ein Déjà-vu», sagt er. Denn vor anderthalb Jahren kandidierte Eggenberger bereits als einer von vier Kandidaten erfolglos fürs Stadtpräsidium. Seine politische Karriere betrachtet er aber noch nicht als beerdigt: Er sagt:
«Ich bin noch jung, und meine Themen wie Ökologie und Wirtschaftsförderung bleiben mir wichtig.»
Vielleicht sei er im Wahlkampf zu zukunftsorientiert unterwegs gewesen. «Vielleicht sind meine Themen zu früh für ein Städtchen wie Steckborn.»