Die Spital Thurgau AG und die Thurmed AG stehen vor einem Führungswechsel. Der langjährige CEO Marc Kohler wird nächsten Sommer pensioniert. Verwaltungsrat und Kritiker haben klare Erwartungen an die Nachfolge.
Es ist quasi die Ankündigung einer neuen Ära: Via Stelleninserat suchen die Thurmed AG und ihre Tochtergesellschaft Spital Thurgau AG per 1. Juli 2022 einen neuen CEO. Denn der aktuelle Geschäftsführer Marc Kohler wird im kommenden Jahr pensioniert. Dann wird er 18 Jahre lang die Geschicke der Spital Thurgau AG geleitet haben. In der Holding Thurmed AG, zu der nebst der Spital Thurgau AG 16 weitere Unternehmen zählen, ist Kohler seit der Gründung 2008 als CEO tätig.
Der gelernte Chemieingenieur ist längst Kopf und Gewissen des Spitalkonzerns. Unter Kohlers Ägide ist die Spital Thurgau AG denn auch das geworden, was sie heute ist: eines der rentabelsten Spitäler der Schweiz. Und die Thurmed AG liefert regelmässig Geld an den Kanton ab. Nun stellt sich die Frage, wer in diese grossen Fussstapfen treten soll. Für Carlo Parolari, Verwaltungsratspräsident der Thurmed AG und der Spital Thurgau AG, ist klar:
«Es wird keinen zweiten Marc Kohler geben.»
Der CEO sei für eine äusserst positive Entwicklung des Spitalkonzerns verantwortlich. «Er führt sehr unternehmerisch und hat vom Verwaltungsrat entsprechend viele Freiheiten erhalten», sagt Parolari. Kohler habe es verstanden, in der Thurmed AG Synergien zu entwickeln und zu nutzen. Ausserdem habe er einen sehr guten Draht zur Geschäftsleitung, zur medizinischen Chefetage und zu den vielen Fachspezialisten.
Als Risiko sieht Parolari den bevorstehenden Abgang des CEO nicht. «Natürlich hat er ein ungeheuer grosses Know-how. Das aufzuholen, wird für einen Nachfolger nicht leicht.» Jedoch sei die gesamte Geschäftsleitung sehr gut aufgestellt und für den Erfolg mitverantwortlich. Vom Verwaltungsrat habe sie immer Rückendeckung erhalten.
Die Thurmed AG sei zwar sehr stabil aufgestellt, so Parolari. «Wir dürfen aber nicht einfach den Erfolg verwalten.» Entsprechend werde ein CEO gesucht, der das Unternehmen weiterbringe. Wie Kohler müsse auch die Nachfolgerin oder der Nachfolger unternehmerisch führen können. Zwingende Voraussetzung ist die Erfahrung im Gesundheitswesen oder zumindest einem sehr nahen Bereich, idealerweise bereits als CEO, wie Parolari betont. Der Verwaltungsratspräsident ist sich sicher:
«Im deutschsprachigen Raum kommen unter dem Strich nicht sehr viele Personen in Frage.»
Gleichzeitig sei man aber überzeugt, eine attraktive Stelle bieten zu können, da die Gruppe sehr gut aufgestellt ist.
Trotz der guten Wirtschaftlichkeit hat die Thurmed AG, die sich zu 100 Prozent in kantonalem Besitz befindet, im Thurgauer Kantonsparlament auch ihre Kritiker. Sie monieren mangelnde Transparenz in der Kommunikation oder in Bezug auf ausserkantonale Investitionen. Zudem bemängeln sie, dass die Rechnungslegung nur die Minimalvorschriften erfülle.
Einer der schärfsten Thurmed-Kritiker ist Peter Dransfeld (GP), der schon in zwei Interpellationen die Transparenz der Gruppe in Frage stellte. Der Ermatinger Kantonsrat anerkennt zwar die wirtschaftliche Leistung unter Marc Kohler. «Die Kasse muss stimmen, das macht er offenbar gut.» Gleichzeitig erhofft er sich vom CEO-Wechsel viel und hält mit Kritik nicht hinter dem Zaun. Vom neuen Chef erwarte er «ein weniger selbstgefälliges Auftreten», sagt Dransfeld. Vor allem betont er:
«Ich wünsche mir, dass sich der neue Chef dem Eigentümer, also dem Thurgauer Volk, verpflichtet fühlt.»
Und auch dem Personal müsse der Rücken gestärkt werden. Ob die Kritik aus dem Grossen Rat fruchtet, macht Dransfeld vom Regierungsrat abhängig. Er sei aber sehr zuversichtlich, dass Gesundheitsdirektor Urs Martin die «Verpflichtungen gegenüber dem Eigentümer» wahrnimmt – mehr als seine Vorgänger.
In Bezug auf die Kritik aus dem Grossen Rat sagt Parolari: «Es sind wenige Exponenten, welche jeweils kritisieren.» Auf einige Punkte sei man aber bereits eingegangen, andere seien unabhängig von der Kritik schon vor längerer Zeit beschlossen worden. «So wird der Wechsel des Rechnungslegungsmodells nun für den ganzen Konzern mit dem Geschäftsjahr 2023 eingeführt.»
Man sei überzeugt, dass man angemessen transparent kommuniziere, gerade auch im Vergleich zu anderen Spitalkonzernen. In der Unternehmensstrategie werde man mit einem neuen CEO keine grundsätzliche Änderung vornehmen.
«Der Dampfer ist so erfolgreich unterwegs, da braucht es kurzfristig keine Kurskorrektur.»
Nach der Rekrutierungsphase wollen die Thurmed AG und die Spital Thurgau AG bis Ende Jahr ihre neue oder ihren neuen CEO vorstellen. Im Sommer 2022 sei dann eine «intensive Einarbeitung» durch Marc Kohler vorgesehen, erklärt Parolari.