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Frauenfeld & Hinterthurgau
Die Freiherren von Bussnang waren einst ein mächtiges Geschlecht. Doch ihre Stammburg in Bussnang wurde bis heute nicht gefunden. Doch es gibt zwei Möglichkeiten, wo sie sein könnte.
Den Abschluss der Sommerserie über Schlösser und Burgen in der Region macht eine Burg, die es gar nicht mehr gibt und von der man eigentlich auch gar nicht so genau weiss, wo sie einst stand. Die Rede ist von der Stammburg der Herren von Bussnang. Ab dem 12. Jahrhundert ist das Landadelsgeschlecht in urkundlichen Erwähnungen zu finden. Das Gebiet, über welches die Freiherren herrschten, beinhaltete weitgehend die Region Bussnang, Weinfelden und Leutmerken. Die Herren von Bussnang waren Anhänger der Habsburger und tauchen als Geistliche etwa als Abt des Klosters St.Gallen ebenso in den Geschichtsbüchern auf.
Doch wo und wie die Bussnanger Freiherren residierten, ist nach wie vor unklar. Auch das Amt für Archäologie ist bis heute nicht auf Hinweise gestossen, die eindeutig klären würden, wo die Burg gestanden haben muss. Der in Bussnang weithin bekannte Albin De Boni hinterliess in einem handschriftlichen Schreiben – das der Redaktion vorliegt – die Information, dass die Burg auf der Nordkuppe des Brootschollens gestanden habe.
Und tatsächlich. Ein möglicher Standort könnte der Ort gleich oberhalb des Bahnviadukts gewesen sein. Der Zahn der Zeit macht es heute jedoch unmöglich, im Gelände noch Hinweise auf eine Burg zu erkennen. Und Steine oder Mauerreste wurden dort offenbar bis heute auch noch nicht gefunden.
«Ein weiterer möglicher Standort der Burg könnte jedoch auch der Kirchenhügel sein», sagt Mittelalterarchäologin Iris Hutter vom kantonalen Amt für Archäologie. Denn als das Haus von Albin De Boni nach dessen Ableben zurückgebaut wurde, hat Hutter die Abbauarbeiten archäologisch begleitet. «Dort haben wir im Kellerfundament vereinzelt Megalithensteine gefunden», sagt Hutter. Diese seien im Hochmittelalter oft als Bausteine für Burgen verwendet worden. Hutter wertet dies als Indiz dafür, dass die Burg tatsächlich auf dem heutigen Kirchenhügel gestanden haben könnte.
Dass die Freiherren eine Burg hatten, davon ist auch Hutter überzeugt. Ähnlich wie die Burgen in Weinfelden oder Frauenfeld wird auch die Burg in Bussnang ausgesehen haben:
«Ein Bergfried, ein Palas als Wohngebäude sowie Wirtschaftsgebäude wird es wohl gegeben haben. Ebenso eine Umfassungsmauer, die als Befestigung wie auch als Statussymbol diente.»
Dass die Freiherren aber erst ab dem 12. Jahrhundert in Bussnang ansässig waren, bezweifelt sie. «Es ist eine Überlieferungsfrage.» Denn erst im Hochmittelalter wurden vermehrt Urkunden aufgesetzt und auch aufbewahrt. Was genau die Freiherren an der Umgebung Bussnangs attraktiv für ihre Geschäfte fanden, ist ebenfalls schwierig zu eruieren.
Die Einnahmen für eine Überquerung der Thur auf einer sicheren Brücke konnten bedeutend sein. Finanzielle Einnahmen generierten sie vor allem auch von den Abgaben der Bauern, die ihre Ländereien pachteten und natürlich von den Einnahmen der Gerichtsrechte, welche die Freiherren innehatten.
Die Kirche in Bussnang wird urkundlich bereits um 855 erwähnt und dann wohl auch gebaut. Gut möglich, dass auch die Kirche zur Burg der Freiherren gehörte.
«Vielleicht finden wir eines Tages plötzlich die Überreste der Burg und wissen es dann», sagt Hutter. Möglich sei in der Archäologie alles. Bei der historischen Aufarbeitung hätte die Geschichte rund um die Burg und das Adelsgeschlecht der Freiherren sicher noch Potenzial.
Mit dem Schicksal einer unauffindbaren Burg steht Bussnang jedoch nicht alleine da. Der Thurgau, erzählt Hutter, sei schweizweit einer der Gegenden, in denen einst sehr viele Burgen standen. Nur hat man sehr viele davon nicht oder noch nicht gefunden – es sei der Kanton der versteckten Burgen.
«Viele Hinweise gehen auf Flurnamen oder Überlieferungen zurück, die meist einen Kern Wahrheit enthalten», sagt Hutter. Oft würden diese Burgen jedoch nicht in Bauzonen liegen und daher vielleicht für immer verborgen bleiben. So wie die Bussnanger Burg. Deshalb können sich die Bussnangerinnen und Bussnanger weiterhin nur auf Urkunden stützen, statt stolz auf ein Gemäuer hinweisen, das einst den so mächtigen Herren der Region gehörte.