Bildung
Unterrichtsort für verhaltensauffällige Kleinkinder: Schulgemeinde Frauenfeld plant einen Waldkindergarten mit Feuerstelle, Buddelplatz und Rutschhang

Zum Unterricht in den Wald: Im Herbst startet der Kindergarten Übermut, mit dem Kinder in die Regelklasse zurückgeführt werden sollen. Jetzt gibt die Schulgemeinde das Gesuch für den Waldkindergarten ein und will damit Komplikationen wie mit den beiden Waldhütten in Gachnang verhindern.

Samuel Koch
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Kindergärtler beobachten ein Waldfeuer.

Kindergärtler beobachten ein Waldfeuer.

Bild: Arthur Gamsa

Aus Überzeugung ab in den Wald. Darauf fokussiert der Kindergarten Übermut der Primarschulgemeinde Frauenfeld, der ab September mit maximal acht Kindern startet, die dem Regelkindergarten nicht folgen können. «Der Kindergarten Übermut ist kein Erlebnisplatz, sondern ein Unterrichtsort.» Das steht im Baugesuch zum Waldkindergarten, das noch bis am 28. Juli beim Amt für Hochbau und Stadtplanung öffentlich aufliegt.

Was ist der Kindergarten Übermut?

Dort sollen ab September verhaltensauffällige Kinder eine Auszeit von der Regelklasse erhalten. Damit wollen die Frauenfelder Schulgemeinden die Entwicklung von Kindergartenkindern fördern, die sich im Chindsgi mit 20 und mehr Gspänli nicht mehr zurechtfinden. Ein grosser Teil des Unterrichts soll draussen und mit viel Bewegung stattfinden, weil die Kinder so Sinneserfahrungen machen, die sie so vielleicht noch nicht gemacht haben, meint Schulpräsident Andreas Wirth und ergänzt:

«Diese Alternative ist die Chance auf einen Neuanfang.»
Andreas Wirth, Präsident Schulen Frauenfeld.

Andreas Wirth, Präsident Schulen Frauenfeld.

Bild: Kevin Roth

Die Übermut-Kinder besuchen wöchentlich drei Tage (grundsätzlich Montag, Dienstag und Mittwochvormittag) den Waldkindergarten Oberholz, zwei Tage (Donnerstagvormittag und Freitag) werden sie von zwei Kindergartenlehrpersonen in der Villa Joos an der Industriestrasse 20 betreut, stets eng begleitet von den Eltern.

Für den Unterricht im Wald haben die Schulen Frauenfeld mit der Bürgergemeinde das Gespräch gesucht und mit dem Gelände im Oberholz oberhalb des Forstbetriebs und Grillplatz Heerenberg einen geeigneten Platz gefunden. «Dieser hat sich im engen Austausch mit der Bürgergemeinde und Revierförster Mathias Rickenbach herausgestellt», sagt Markus Herzog, Leiter Betrieb der Schulen Frauenfeld.

Der Standort eignet sich aus Sicht der Primarschulgemeinde aus mehreren Gründen, etwa wegen der Erreichbarkeit, der Sicherheit oder auch aus pädagogischer Sicht. Herzog sagt:

«Der Ort ist sicher, gut erreichbar und trotzdem weit genug weg vom Publikumsverkehr, um nicht gestört zu werden.»
Markus Herzog, Leiter Betrieb bei den Schulen Frauenfeld.

Markus Herzog, Leiter Betrieb bei den Schulen Frauenfeld.

Bild: Andrea Stalder

Ergänzend kommt die Nähe zum Revierförster im Heerenberg dazu oder auch der Schutz vor allfälligem Vandalismus. «Das Gelände ist abgeschieden genug, dass die Möglichkeit auf spontanen Vandalismus geringer ist als an leichter zugänglichen Orten», steht im Baugesuch.

Feuerstelle, Buddelplatz und Rutschhang

Beim Waldkindergarten Oberholz ist zunächst der Bau eines runden Waldsofas mit einem Durchmesser von zirka fünf Metern geplant, das aus abgebrochenen Ästen und Reisig sowie vorhandenem Moos errichtet wird. «Das Waldsofa ist Treffpunkt für geführte Lernaktivitäten und Zwischenmahlzeiten», sagt Herzog. Dazu entsteht eine vor Witterungen geschützte Materialkiste für Schreibwaren, Seile und Werkzeuge, eine Feuerstelle für warme Mahlzeiten rundherum mit Steinen und Baumstämmen als Sitzgelegenheiten sowie ein Öko-Toi-WC.

Faszination – Feuer in diesem Waldkindergarten.

Faszination – Feuer in diesem Waldkindergarten.

Bild: Arthur Gamsa

Als weiterer Bestandteil des Waldkindergartens Oberholz plant die Schulgemeinde einen Buddelplatz. «Das ist eine eingegrenzte Spielfläche, wo die Kinder auf dem Waldboden mit der vorhandenen Erde graben und bauen können», sagt Herzog. Und dann ist da noch der Rutschhang an einem leicht abfallenden Gelände als Spielort, wo die Kinder Erfahrungen im Klettern und Rutschen sammeln können.

Komplikationen wie in Gachnang umgehen

Insgesamt investiert die Schulgemeinde rund 10'000 Franken für den Waldkindergarten, primär für Schreinerarbeiten für die Materialkiste und die Miete des Öko-Tois. Eine Miete an die Bürgergemeinde fällt keine an, wie Herzog versichert.

Für den Waldkindergarten hat sich die Primarschulgemeinde als Gesuchstellerin am Leitfaden des kantonalen Forstamts orientiert, nachdem zwei Waldunterstände in Gachnang ohne Bewilligung gebaut wurden. Der Aufschrei war riesig, als die beiden Hütten wieder haben abgerissen werden müssen, nachdem die Gemeinde auf Empfehlung des Kantons die Baubewilligung verwehrt hatte.

In Frauenfeld will man diesem vorbeugen, mit einem Baugesuch bei der Stadt als Bewilligungsbehörde. Diese schickt das Gesuch zur Prüfung an das kantonale Amt für Raumentwicklung (ARE) weiter. Michael Schröder, Leiter der städtischen Abteilung Hochbau, geht aber davon aus, dass Vorabklärungen beim ARE bereits stattgefunden haben. Grundsätzlich wären bloss das Öko-Toi sowie die Materialkiste wegen der Dimensionen bewilligungspflichtig, meint Markus Herzog. Das Bauvorhaben sei aber vorgängig mit den zuständigen Stellen abgeklärt worden. Herzog sagt: «Wir wollen keine Komplikationen.»