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Frauenfeld & Hinterthurgau
Nach dem Ende der Motocross-WM-Rennen in Niederwil bei Frauenfeld sucht der Veranstalter nach alternativen Standorten für einen Grand-Prix ab 2020. Der Bund lehnt eine erste Anfrage für den Frauenfelder Waffenplatz ab. Derweil erwägen Nationalräte einen parlamentarischen Vorstoss im Bundeshaus.
Aufgeben kommt nicht in Frage. Die Veranstalter des Motocross-Grand-Prix (MXGP) of Switzerland sind weiter auf der Suche nach einem geeigneten Standort, um im Raum Frauenfeld nach einem Jahr Unterbruch spätestens ab 2020 wieder Rennen für die weltbesten Motocross-Fahrer durchführen zu können.
Der Standort mit der provisorischen Anlage Schweizer Zucker in der Landwirtschaftszone in Niederwil steht spätestens seit dem Entscheid des Thurgauer Regierungsrates im vergangenen März nicht mehr für WM-Rennen zur Verfügung. Zuvor ermöglichten dreimal polizeiliche Ausnahmebewilligungen, dass jeweils rund 30'000 Zuschauer aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland zu den Renntagen ins beschauliche Niederwil strömten.
Als Alternative ungeeignet für Motocross-WM-Rennen ist der Frauenfelder Waffenplatz, der im Eigentum des eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) liegt. Das geht aus einer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage der Förderation der Motorradfahrer der Schweiz (FMS) unter der Federführung des Nationalrats Walter Wobmann (SVP/SO) hervor, der dazu laut Motorsport-Medium «Speed Week» beim VBS vorstellig wurde. Das Papier unterzeichnet hat die Frauenfelder MXGP Suisse AG um Inhaber Willy Läderach.
Jetzt ist klar, dass der Generalsekretär des VBS die Anfrage «aus verschiedenen Gründen abschlägig beantwortet hat», wie Kaj-Gunnar Sievert, Mediensprecher des für Armeeimmobilien zuständigen Bundesamtes für Rüstung Armasuisse, erläutert. Sievert meint:
«Nebst den Einschränkungen für die militärische Nutzung dieses zentralen Waffenplatzes waren auch die zahlreich stattfindenden anderen zivilen Anlässe ein Grund für diesen Entscheid.»
Auf der Grossen Allmend gehen jährlich das Open Air Frauenfeld mit täglich bis zu 50'000 Besuchern, verschiedene kleinere Motorsportanlässe oder Pferderennen über die Bühne.
Dass der Waffenplatz in Frauenfeld nach dem Abzug der Artillerie-Einheiten vor über zehn Jahren gegenwärtig einen Ausbau erfährt und die Kaserne Auenfeld künftig nach der Entmilitarisierung der Stadtkaserne noch mehr Militärangehörige beherbergen wird, ist hinlänglich bekannt. Zu detaillierteren Fragen gibt sich Kaj-Gunnar Sievert wortkarg.
Offen spricht dafür Willy Läderach über eine mögliche Zukunft des MXGP, auch wenn er sagt:
«Wir sind derzeit inaktiv und wollen kein Geschirr zerschlagen.»
Die kürzliche Absage des VBS habe gezeigt, dass die Durchführung des MXGP auf dem Waffenplatz schwierig zu bewerkstelligen wäre. Da hat selbst der vorgeschlagene Kompromiss nichts gebracht, dass das jeweils im September auf der Allmend stattfindende und etablierte Supermoto auf ein anderes Gelände hätte verlegt werden können.
Untätig war das MXGP-OK um Willy Läderach aber auch anderweitig nicht. So hat es auf mehreren Grundstücken in der Industriezone Abklärungen getroffen. Läderach sagt:
«Leider haben alle unsere bisherigen Bemühungen an Orten, die zonenkonform gewesen wären, nicht zum Ziel geführt.»
Einen MXGP auf dem Land der Mowag in Tägerwilen hätten die amerikanischen Besitzer von General Dynamics aus Bedenken vor rechtlichen Auseinandersetzungen nicht gewollt. Und auf dem Flugplatz in Sitterdorf hätten die Besitzer zwar Interesse gezeigt. Schliesslich habe aber das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) keine Bewilligung erteilt, meint Läderach. Am liebsten wäre es ihm, den Zuschlag für ein Areal des VBS zu erhalten. «Im Moment warten wir auf die Antwort eines neuen Gesuches, das wir im Februar ans VBS gestellt haben», sagt er. Das Ziel sei es nach wie vor, ab 2020 wieder einen MXGP durchzuführen – wenn irgendwie möglich im Kanton Thurgau.
Unabhängig von derzeitigen Abklärungen zwischen Bund und Veranstalter lobbyieren verschiedene Parlamentarier in Bundesbern und kämpfen um die Gunst des Bundes für Motorsportanlässe. «Die Hoffnung stirbt zuletzt», sagt Nationalrat und FMS-Präsident Walter Wobmann und ergänzt:
«Wir brauchen ein Gelände für 2020 und zielen auf eine für alle zufriedenstellende Lösung.»
Ähnlich tönt es bei Thurgauer Parlamentariern wie den Nationalräten Verena Herzog (SVP) und Hansjörg Brunner (FDP), die sich beide spätestens seit der Übergabe einer MXGP-Befürworter-Petition mit über 16'000 Unterschriften an den Regierungsrat im März 2018 für Motocross-WM-Rennen im Thurgau einsetzen. Herzog meint:
«Ein ideales MXGP-Gelände, welches das ganze Jahr durch die Armee genutzt werden kann, ist meiner Ansicht nach eine Win-win-Situation.»
Sie betont aber gleichzeitig, dass die Ansprüche des Militärs Vorrang haben müssen.
Brunner ergänzt: «Die wirtschaftliche und touristische Bedeutung darf nicht ausser Acht gelassen werden.» Frauenfeld rücke mit der Durchführung ins Zentrum des nationalen und internationalen Sportinteresses. Klar sei ihm bewusst, dass eine Motorsportveranstaltung in Zeiten zunehmender Sorgen um Klima- und Umweltschutz nicht allen passt. Brunner meint:
«Es kann aber nicht sein, dass wir zukünftig alles, was Spass macht und zur Lebensqualität tausender von Fans beiträgt, verbieten.»
Die drei Parlamentarier überlegen sich ausserdem, einen parlamentarischen Vorstoss zuhanden des Bundesrats einzureichen. Laut «Speed Week» hat Bundesrat Guy Parmelin – Vorgänger der jetzigen VBS-Vorsteherin Viola Amherd – eine Lösung gefordert, dass ein MXGP auch zukünftig im Thurgau stattfinden kann.
Inwiefern sich die Ausgangslage mit der neuen Bundesrätin als Armeechefin verändert hat, kommentiert Armasuisse-Sprecher Sievert nicht. Sollte ein parlamentarischer Vorstoss eingereicht werden, müsste Amherd jedenfalls darauf antworten.