In zwei bis drei Wochen will die Bauherrschaft bei der Stadt einen Gestaltungsplan für die Scheitingerwiese einreichen. Die Interessengemeinschaft sieht schon jetzt ihre Forderungen nicht erfüllt und befürchtet weiterhin grosse Wohnblöcke.
Macht der Steckborner Stadtrat leere Versprechungen? Das fragt sich die Interessengemeinschaft (IG) Scheitingen in einer Pressemitteilung. Anlass für das Schreiben diese Woche bot der IG ein Artikel im «Bote vom Untersee und Rhein» vor Pfingsten. Darin kündigt Stadtpräsident Roger Forrer an, dass der neue Gestaltungsplan für die Scheitingerwiese in den «nächsten Wochen zur Auflage kommen könnte». Der Kanton habe den Gestaltungsplan vorgeprüft und ihn mit Ausnahme von kleineren Korrekturen für gut befunden.
In den Ohren der Mitglieder der IG Scheitingen waren Forrers Ausführungen keineswegs Musik, wie aus der Stellungnahme hervorgeht. Seit der verlorenen Abstimmung über ihre Initiative (siehe Kasten) war die IG davon ausgegangen, dass die verlangte Umzonung der Parzellen in eine Zone für Ein- und Zweifamilienhäuser (W2E) im Rahmen der laufenden Revision der Ortsplanung berücksichtigt werde.
«Die Versprechungen des Stadtrats vor und nach der Abstimmung waren bloss Lippenbekenntnisse», schreibt die IG. Es werde auch nicht, wie in anderen Gemeinden, eine Planungszone angeordnet. «Stattdessen erklärt der Stadtpräsident schon vor den Richtungsentscheiden zur Ortsplanung, ein Gestaltungsplan mit sieben Wohnböcken auf der Scheitingerwiese könne schon in den nächsten Wochen öffentlich aufgelegt werden», enerviert sich die IG.
«Versprechungen des Stadtrates anlässlich der Abstimmung waren bloss Lippenbekenntnisse»
IG Scheitingen
«Da werden zwei Sachen durcheinandergebracht», sagt Stadtpräsident Forrer zu den Vorhaltungen. «Betreffend Gestaltungsplan Scheitingerwiese kommt geltendes Recht zur Anwendung», sagt er. Wenn eine Bauherrschaft einen Plan einreiche, «dann muss der Gemeinderat diesen auflegen». Die andere Sache sei die der gewünschten Zone für Ein- und Zweifamilienhäuser. «Hier ist der Stadtrat daran zu prüfen, ob es in Steckborn Bauparzellen gibt, die dieser Zone W2E zugeteilt werden könnten», sagt Forrer. Das geschehe nun im Rahmen der laufenden Revision der Ortsplanung. Die IG übt aber nicht nur Kritik am Vorgehen, sondern bringt auch inhaltliche Vorbehalte an.
Der Prüfbericht des Kantons sei keineswegs so positiv, wie Forrer es darstelle, schreibt sie. So bemängle der Kanton die Lärmschutzwände entlang der Frauenfelderstrasse. Auftraggeber des Gestaltungsplans sind die Besitzer der Parzellen in Scheitingen, eine Erbengemeinschaft, deren Sprecher ist der Aadorfer Anwalt Humbert Entress. Er sagt, dass der Kanton dem Papier gute Note ausstelle. «Das Amt für Raumentwicklung attestiert eine hohe Qualität, und eine Genehmigung kann in Aussicht gestellt werden», zitiert er aus dem Bericht.
«Das Amt für Raumentwicklung attestiert dem vorgeschlagenen Gestaltungsplan eine hohe Qualität.»
Humbert Entress, Anwalt der Bauherrschaft
Ja, es sei so, dass eine Lärmschutzwand vorgesehen ist. Diese sei nötig, da wegen eines neuen Entscheides des Bundesgerichts strengere Messvorschriften für Lärmbelastung gälten. «Ohne diese Wand könnte der angrenzende, obere Teil der Wiese nicht sinnvoll bebaut werden», sagt Entress. Die Mauer werde anderthalb Meter hoch. «Der Kanton bemängelt die Mauer nicht, er bedauert lediglich deren Notwendigkeit.» Das tue im Übrigen auch die Bauherrschaft. «In zwei bis drei Wochen werden wir das Papier einreichen», stellt Entress in Aussicht. Danach folgt die öffentliche Auflage durch den Stadtrat.
Die IG will wachsam bleiben und schreibt, sie werde sich «weiter für einen baurechtskonformen Gestaltungsplan und für die Realisierung einer ortsbaulich sowie architektonisch bessere Lösung einsetzen.»
in erster Gestaltungsplan für die Scheitingerwiese präsentierte die Bauherrschaft im Jahr 2012. Während der Auflage gingen 34 Einsprachen ein. Und die Interessengemeinschaft IG Scheitingen formierte sich. 2014 verweigerte der Kanton einem weiteren Vorschlag die Bewilligung, weil manches nicht genügend geregelt war, unter anderem die Gestaltung des Grünraumes und der Lärmschutz. Im Juni 2016 reichte ein Komitee mit Unterstützung der IG eine Gemeinde-Initiative ein. Per Umzonung sollte erreicht werden, dass auf der Wiese «keine wuchtigen Blöcke» gebaut werden dürfen. Nach einem juristischen Geplänkel über die Gültigkeit der Initiative kam sie im Juni 2017 an die Urne. Die Steckborner lehnten das Begehren mit 558 Ja- zu 406 Nein-Stimmen ab. (hil)