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Beim TZ-Podium über die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative nahm Initiantin Franziska Herren nach Morddrohungen von zuhause aus teil. Wie der Abend verlief.
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Sollen Bauern nur noch Direktzahlungen erhalten, wenn sie auf den Einsatz von Pestiziden verzichten? Oder soll der Einsatz von Pestiziden ganz verboten werden? Über diese beiden Fragen entscheidet das Schweizer Stimmvolk am 13. Juni. Am Donnerstagabend diskutierten in der Aula der Kantonsschule Frauenfeld die Initiantin der Trinkwasserinitiative, Frankziska Herren, sowie GP-Kantonsrat Kurt Egger auf der Proseite. Ihnen gegenüber standen SVP-Nationalrat Manuel Strupler sowie Bauernpräsident und Nationalrat Markus Ritter (Die Mitte). Das Podium leiteten David Angst, Chefredaktor der Thurgauer Zeitung, und Jürg Ackermann, stellvertretender Chefredaktor des St.Galler Tagblatts.
Die Initiativen schiessen übers Ziel und setzen Existenzen aufs Spiel, sind sich Markus Ritter und Manuel Strupler einig. Sie könne nicht vernünftig umgesetzt werden, grundsätzlich sei die heutige Landwirtschaft in bester Ordnung. Das sah Kurt Egger ganz anders: «Es braucht eine Trendwende weg von Pestiziden, damit wir auch in 20 Jahren noch eine intakte Umwelt mit fruchtbaren Böden haben.» Franziska Herren ergänzte. «Die Konsumenten wollen nicht mehr länger für Umwelt- und Trinkwasserverschmutzung bezahlen.»
Die Pestizidinitiave führe zu einem «massiven Kostensprung» bei den Lebensmitteln. Markus Ritter sagt, heute kaufe der Konsument elf Prozent Bio. «Deutlich weniger als der Wähleranteil der Grünen und Grünliberalen.» Manuel Strupler warnt, dass Existenzen von Bauern zerstört würden, weil sie ihre Kosten nicht mehr decken könnten. Ausserdem wären viele nachgelagerte Betriebe betroffen. Global gesehen, müsse die Landwirtschaft sogar noch intensiver betrieben werden, um die Weltbevölkerung ernähren zu können, so Strupler.
«Das stimmt doch nicht.» Kurt Egger grätscht den Bauern zwei Mal ins Wort. «Das ist jetzt aber Quatsch.» Er will nicht glauben, dass sich durch die Pestizidinitiative die Lebensmittelpreise massiv verteuern. Es würden die Margen, die heute auf Bioprodukte erhoben werden, wegfallen. Auch glaubt er nicht, dass, wie von Ritter und Strupler ins Feld geführt, der Einkaufstourismus massiv zunehmen wird. Franziska Herren dazu: «Die grössten Einkaufstouristen sind die Bauern, die aus dem Ausland mit Antibiotika angereichertes Futter, Pestizide, Saatgut und Maschinen kaufen.»
Manuel Strupler lenkt die Diskussion mehrmals auf neue Themenfelder. Die Hintergründe der Baumwollproduktion interessierten niemanden, alle würden aber importierte Kleider tragen. Der Landwirtschaft werde der Schwarze Peter zugeschoben. Konsumenten oder private Gartenbesitzer würden ausgeklammert. Letztere würden einen Rasen ohne Unkraut wollen, die Forderung nach mehr Biodiversität müssten aber die Bauern ausbaden. Die Pestizidinitiative werde zu mehr Importen führen. «Wir müssen das Problem in der Schweiz lösen, nicht ins Ausland verlagern.»
20 Besucher verfolgten die Diskussion vor Ort. Zu Wort meldete sich etwa ein kritischer Bauer: «Ich höre nur: Das geht nicht, jenes geht nicht und anders ist nicht möglich», schmetterte er in Richtung Bauernpräsident Ritter. Die Landwirte seien zu stur und zu schlecht ausgebildet. Für dieses Statement, in dem auch noch der Rücktritt Ritters als Bauernpräsident gefordert wurde, gab es Applaus. «Ich muss Politik machen, die mehrheitsfähig ist», entgegnete Ritter. Fast ohne Gegenstimme sei er letztes Mal im Amt bestätigt worden. «Lassen Sie sich als Delegierten wählen und stellen Sie sich nächstes Mal zur Wahl», so der aufgebrachte Ritter. Auch dafür gab es Applaus.
Franziska Herren, die Mutter der Trinkwasserinitiative, schaltete sich per Video von zuhause aus Wiedlisbach BE in die Diskussion ein. Wegen Morddrohungen bleibt Herren sämtlichen Anlässen fern. Sie spricht ruhig und gelassen. Die Konsumenten würden nicht darüber informiert, wie ökologisch das produziert werde, was sie kauften. Gegen Ende des Podiums fällt bei Franziska Herren dann der Ton aus.