Das Glattzentrum in Wallisellen geht gegen den Einkaufstourismus vor. Plakate in Konstanz und Singen sollen Schweizern signalisieren, dass Einkaufen im eigenen Land angenehmer ist als in Deutschland.
FRAUENFELD. Konsumenten, die zum Einkaufen nach Konstanz oder Singen fahren, werden demnächst heimisch umworben. Während sie im Stau vor dem Zoll stehen, wird sie ein Plakat darauf aufmerksam machen, dass sie sich auch in der Schweiz mit Kleidern oder Kosmetika eindecken könnten. «Bi eus wäred Sie scho lang bim Kafi», wird darauf zu lesen sein.
Die Aktion, von der auch Thurgauer Händler profitieren können, wurde im Kanton Zürich ausgeheckt, im Glattzentrum in Wallisellen. «Wir wollen eine sympathische Kampagne starten», sagt Geschäftsführer Rageth Clavadetscher. «Wir wollen auf unsere Kunden mit einem Schmunzeln zugehen und sie daran erinnern, dass sie, wenn sie bei uns einkaufen, weniger Zeit auf der Strasse verlieren.» Clavadetscher hofft, dass Leute, die das Plakat lesen, denken: «Klar, da könnte ich auch mal wieder einkaufen.» Clavadetscher sagt: «Wir wollen unserem Motto <Your First Shopping Destination> Gewicht geben.»
Das Glattzentrum ist mit jährlich 600 Millionen Franken das umsatzstärkste Shoppingcenter der Schweiz. Pro Jahr kaufen hier 9,1 Millionen Kunden ein. Dennoch wird die Unternehmensleitung aktiv. Denn auch die Glatt-Geschäfte spüren, dass viele Kunden im nahen Ausland shoppen. «Wir haben Mieter, die mit dem Einkaufstourismus und dem Online-Shopping zu kämpfen haben», sagt Clavadetscher.
Der Thurgauer, aufgewachsen in Scherzingen, möchte nicht länger mit ansehen, wie Kaufkraft in der Schweiz verlorengeht. Der Manager plant, Ende Mai an den Grenzübergängen in Konstanz, Singen und Waldshut, wo Einkaufstouristen im Stau stehen, Werbung für den Schweizer Detailhandel zu machen. Mit der Aktion will er auch signalisieren, «dass Kunden im Glatt begehrt sind». Dies, weil Bürger vor allem in Konstanz, Schweizer, die ihre Stadt überschwemmen, nicht mehr gerne sehen.
Um die Kunden in der Schweiz zu halten, setzt das Glattzentrum noch andere Ideen um. So können die Kunden derzeit Deutschland erleben. Hierfür hat Rageth Clavadetscher das Brandenburger Tor nachbauen lassen. Ein Anker, Boote und ein Container repräsentieren den Hamburger Hafen und ein blau-weisser Biergarten Bayern.
Dass Handeln Not tut, zeigt ein Blick auf die Zahlen. 2015 war für den Schweizer Detailhandel das härteste Jahr seit 30 Jahren. Dies belegen die Geschäftszahlen von Migros, Vögele und anderen Detailhändlern. 11 Milliarden Franken gaben Schweizer im letzten Jahr im Ausland aus. Der Handelsverband Südbaden schätzt den Umsatz allein im Detailhandel – und nur in den Landkreisen Lörrach, Waldshut und Konstanz – auf jährlich mindestens 1,3 Milliarden Euro (1,4 Milliarden Franken).
Schweizer liessen letztes Jahr 17,6 Millionen Ausfuhrscheine abstempeln – mehr als je zuvor. Mehr als doppelt so viele wie 2010, gegenüber 2014 beträgt der Zuwachs zwölf Prozent.