Der bisherige milde Winter erschwert die Holzernte in den Thurgauer Wäldern. Das zeigt ein Besuch im Forstrevier am Untersee, wo auch Hinterlassenschaften der Stürme Evi und Burglind zu Mehrarbeit führen.
Sebastian Keller
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Äste liegen auf der Strasse zwischen Wäldi und Tägerwilen. Asylbewerber aus Weinfelden räumen sie weg, ausgerüstet mit Rechen. Ein Mitarbeiter des Forstreviers am Untersee lädt gefällte Bäume mit dem Forwarder auf. Der Greifarm dieses Fahrzeugs erinnert an jene von Automaten, mit denen man Teddybären fischen kann. Nur sind es hier keine Plüschtiere, sondern Eschenstämme. Um 17 Uhr muss die Strasse geräumt sein – das Postauto kommt. Sicherheitsholzung nennt sich das. Sebastian Bänteli, Revierförster und Betriebsleiter, ist der Chef in diesem Wald. 1296 Hektaren ist das Forstrevier am Untersee gross. «Bei der Sicherheitsholzung geht es darum, das Risiko zu minimieren», sagt er. Das Risiko, dass alte oder morsche Bäume auf ein Auto fallen.
Noch mehr Arbeit steht und liegt im Wald. Eigentlich sollten die Forstmitarbeiter Wertholz fällen, für die Submission im März. Dort gehen vor allem Eichen an den Meistbietenden. «Doch der milde Winter hat die Planung über den Haufen geworfen», sagt Bänteli. Weil die Böden nass und tief sind, können sie mit dem Forwarder nicht in den Wald fahren, ohne tiefe Spuren zu hinterlassen. «Und das wollen wir nach Möglichkeit vermeiden», sagt der Revierförster. Ein Hilfsmittel, um die Bodenschäden zu minimieren, sind sogenannte Bogiebänder. Diese sehen aus wie Strickleitern aus Stahl. Montiert man sie um die Reifen des Forwarders, verwandelt er sich in eine Art Raupenfahrzeug.
Nicht eingeplant war der Besuch von Burglind und Evi. Die Stürme fegten im Januar durch die Wälder und brachten Bäume zu Fall. «Nadelholz, aber auch schwere Eichen», sagt Revierförster Bänteli. Dass es auch massive Bäume getroffen hat, zeugt von der Stärke der Stürme. Was ein solcher hinterlässt, nennt man im Försterjargon Streuschäden. In einem Waldstück knickt ein Baum um, in einem anderen sieben. Stürme holzen wahllos. «Dieses Holz zu rüsten, ist sehr aufwendig», sagt der Revierförster. Um diese Bäume aus den Beständen zu holen, sind die Mitarbeiter mit Traktor und Seilwinden unterwegs. Liegenlassen ist keine Option. Die Fichten müssen bis im Frühling weggeräumt sein. Sonst bieten sie dem Borkenkäfer eine ideale Brutstätte. Und ihm will man kein Nest bereiten.
Die ersten Februartage gefallen Sebastian Bänteli schon besser. Das Thermometer sank an mehreren Tagen unter den Gefrierpunkt. Langsam beginnt der Boden zu gefrieren. «Von mir aus könnte es zwei Monate lang minus zehn Grad haben», sagt der Revierförster; er macht nicht den Anschein, als fröre er dann. Während einer längeren Kälteperiode wird der Boden hart und gefroren und bietet die ideale Unterlage, um mit dem Forwarder das Holz an die Waldstrassen zu rücken.
In diesem Winter werden wohl nicht mehr alle geplanten Bäume gefällt. «Den einen oder anderen Holzschlag müssen wir wohl zurückstellen», sagt Sebastian Bänteli. Vielleicht beginnen sie im Herbst etwas früher mit der Holzernte, um den Rückstand aufzuholen.