Vom Bremsen und Gasgeben

Mosttröpfli

Christian Kamm
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Jede Wette, dass ich nicht der einzige Autofahrer bin, der auf eine Stadt im Oberthurgau ziemlich schlecht zu sprechen ist. Stadtväter und Kanton haben es in diesem Jahr nämlich geschafft, die Amriswiler Hauptachse in eine ewige Baustelle zu verwandeln. Das Einzige, was sich über Monate noch bewegte, waren die Bagger. Immer wieder an einem anderen Ort. Eine Durchgangsstrasse als wandelnde Baustelle. An einem Punkt endlich fertig, ging’s sofort anderswo los.

Klar gibt es Schlimmeres. Gut möglich ausserdem, dass auch Baustellen im Dutzend eben billiger zu haben sind. Kaum aber waren Ende September dann die letzten Abschrankungen endlich verschwunden und die Fahrbahn wieder frei, wurde im Städtchen mit einer Nettigkeit der anderen Art gegrüsst, um einem die Fahrt möglichst zu verderben. Am Ortseingang steht einer und am -ausgang auch. Einer der Blechpolizisten heisst Sie willkommen. Der andere sagt, wenn Sie Pech haben, mit einem Blitzen auf Wiedersehen.

Auch damit lernt man leben. Natürlich. Und wie. Wenn das Ding nur lange genug dort steht, so wird man feststellen, dass einem die Präsenz des wackeren Blechpolizisten in Fleisch und Blut übergeht. Er wird quasi ein Teil von einem selbst. Wirklich. Nach einer gewissen Umstellungskrise lernt man nämlich – ohne überhaupt noch daran denken zu müssen – automatisch am richtigen Ort abzubremsen. Um anschliessend wieder Gas zu geben. Hoppla, das ist mir jetzt einfach so rausgerutscht. Jetzt muss ich definitiv bremsen.

Christian Kamm

christian.kamm

@thurgauerzeitung.ch