Ein Weinfelder Paar hat einen aus der Türkei stammenden Husky eingeführt. Auf Anordnung des Veterinäramts darf er das Haus nicht mehr verlassen. Die Hundehalter wehren sich. Der Kantonstierarzt warnt vor Tierimporten aus Drittländern.
Wenn die Kohlers mit ihren drei Huskys im Garten sitzen, sehen sie aus wie eine glückliche Familie. Der Schein trügt. Grund dafür ist Max, das jüngste Mitglied der Familie. Der dreijährige Husky mit den kastanienbraunen Augen darf das Grundstück nicht mehr verlassen, bis klar ist, dass er genug Tollwutantikörper in sich trägt. Darüber Aufschluss geben soll ein vom Veterinäramt verordneter Bluttest, den die Hundehalter aber zuerst bezahlen müssen. Kosten: 467. 30 Franken. «Wir werden nicht zahlen», sagt Stefan Kohler.
Der Reihe nach: Am 9. Juli sehen Stefan Kohler und seine Partnerin Brigitte Husky Max auf einer deutschen Autobahnraststätte zum ersten Mal. Bisher kennen sie ihn nur von Fotos, die sie von einem Tierheim an der türkischen Küste bekommen haben. An der Autobahnraststätte nehmen sie Max von einem Mann in Empfang. Vom Tierheimbesitzer in der Türkei, dem sie zuvor 380 Euro für den Husky überwiesen hatten, haben sie sich versichern lassen, dass mit den Papieren alles in Ordnung ist. Doch an der Schweizer Grenze kommt es anders: Als der Grenzwächter zur Überprüfung den Datenchip kontrollieren will, den ein türkischer Tierarzt dem Husky verpasst hat, zeigt dieser seine Zähne. Die Aktion wird abgebrochen. Der Beamte sagt, dass sich der Kantonstierarzt am nächsten Tag melde und bei Kohlers vorbeikomme. Man solle sich keine Sorgen machen, es komme schon gut. So erzählen es die Tierhalter.
Am nächsten Tag kommt der Anruf von Kantonstierarzt Paul Witzig. Was genau dieser sagt, bleibt unklar. Das Veterinäramt teilt gegenüber unserer Zeitung mit, dass es aus Gründen des Amtsgeheimnisses keine Stellung zu Einzelfällen nehme. Witzig will aber generell über Probleme bei der Einfuhr eines Hundes aus einem Drittstaat wie der Türkei sprechen (siehe Interview). Am 11. Juli flattert Post vom Veterinäramt ins Haus der Kohlers. Darin steht, dass der Hund beschlagnahmt wird – die Beschlagnahme aber bei den Haltern zu Hause erfolge. Heisst: Bis zur Aufhebung dürfen weder Max noch die zwei anderen Huskys aus einem Basler Tierheim das Grundstück in Weinfelden verlassen. Das Veterinäramt schreibt, dass das mitgelieferte Gesundheitszeugnis nur für den «nichtgewerbsmässigen Export von Heimtieren» vorgesehen sei. Es hätte deshalb an der EU-Aussengrenze einem Kontrolleur vorgelegt werden müssen. Zudem werden Unregelmässigkeiten im türkischen Heimtierpass bemängelt. Den Kohlers ist das zu kompliziert. «Wir verstehen nicht, was wir falsch gemacht haben», sagt Stefan Kohler. Der TZ liegt Max’ Impfausweis vor. Er zeigt, dass die Tollwutimpfung in der Türkei gemacht wurde und die erforderlichen Antikörper im Blut vorhanden sind.
Kohler zieht den Weinfelder Tierarzt Peter Fretz bei. «Mit der Identität des Hundes ist alles in Ordnung. Es ist der Hund, der in den Papieren steht», sagt Fretz auf Anfrage. Wozu er jedoch nichts sagen könne, seien die Transportbescheinigungen. Also, wie genau der Husky aus der Türkei nach Deutschland gekommen ist, und ob dabei alles korrekt gelaufen ist. Genau hier könnte der Grund liegen, warum das Veterinäramt nun eine neue Blutprobe verlangt. Fretz versteht die Seite des Kantonstierarztes, aber auch diejenige der Halter. «Der Hund scheint es gut zu haben bei ihnen.»
Max habe noch viel zu lernen, sagt Stefan Kohler. «Es braucht Zeit, aber wir arbeiten täglich daran.» Seine Partnerin Brigitte ist für die Kopfarbeit zuständig, er kümmert sich um Bewegung. Was ein Problem ist, da Max sich nicht mehr ausserhalb des Grundstücks bewegen darf, bis ein neuer Bluttest beweist, dass die Konzentration von Tollwut-Antikörpern in seinem Blut den Anforderungen entspricht. Ist dies der Fall, werde die Beschlagnahme aufgehoben, heisst es im Brief des Veterinäramts.
Warum haben sich die Weinfelder nicht in der Schweiz nach einem Husky umgeschaut? «Wir haben keinen gefunden», sagen die beiden. «Und wir wollten Max die Chance auf ein neues Leben geben.»
Die Kohlers haben noch bis zum 10. August Zeit, die 467.30 Franken zu bezahlen.