KREUZLINGEN. Vor hundert Jahren wurde die Thurgauer Sektion des Automobil-Clubs der Schweiz (ACS) gegründet. Damals gab es Pferdekutschen mit Motor. Heutzutage würde ACS-Thurgau-Präsident Christof Roell am liebsten ein Elektroauto fahren.
KREUZLINGEN. Genau 110 Automobile fuhren im Dezember 1912 auf Thurgauer Strassen. Die Fahrzeuge machten den Anschein von Kutschen ohne Pferdegespann, wurden aber von Elektromotoren mit rudimentären Batterien betrieben. Und jeder zehnte Fahrzeughalter war Gründungsmitglied der Thurgauer ACS-Sektion, die sich morgen in Romanshorn feiert. Dort, wo der ACS Thurgau am 15. Dezember 1912 aus der Taufe gehoben wurde.
«Es wird ein gediegenes Fest in einer Autowerkstatt», sagt Sektionspräsident Christof Roell. In der Kreuzlinger Geschäftsstelle stehen ein paar Tage vor dem Jubiläum die Geschenktaschen für alle angemeldeten Gäste bereit.
Im ersten Thurgauer Vorstand hatten fünf Ärzte Einsitz, davon drei Tierärzte. Erster Präsident war Johann Debrunner und der Verein noch sehr elitär. Obwohl sich der damalige Vereinszweck – Mitglieder durch freundschaftliche, sportliche und gesellige Zusammenkünfte einander näherbringen und im Interesse eines geordneten Automobilverkehrs tätig sein – nicht gross vom heutigen unterscheidet. Aber vor hundert Jahren war ein Auto Luxusgut, das bis zu 3000 Franken kostete. Damals standen einem Vier-Personen-Haushalt im Schnitt monatlich 241 Franken zur Verfügung. Der ACS-Jahresbeitrag lag bei 40 Franken. Thurgauer Taufpaten waren die Sektionen Zürich und St. Gallen. Der ACS Schweiz wurde 1898 gegründet.
Als der deutsche Kaiser Wilhelm II. im September 1912 die «Kaisermanöver» in der Schweiz besuchte, wurde er in einem Fahrzeug der Frauenfelder Firma Martini herumchauffiert. Gleichwohl soll er damals gesagt haben: «Das Auto ist nur eine vorübergehende Erscheinung.» Der Kaiser behielt nicht recht.
Adolf Saurer und sein Sohn Hippolyt wurden zu ACS-Ehrenmitgliedern ernannt. Die Martini-Automobile jedoch schafften den Sprung in die Massenproduktion nicht. Und die Erfolgsgeschichte des Autos nahm seinen Lauf. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging's auch im Thurgau mit dem Strassenbau voran. 1955 passierten täglich 1900 Autos Bottighofen, wie Sektionspräsident Roell weiss. Heute sind es 19 000. Ende der 1960er-Jahre gab es im Thurgau 40 000 Fahrzeuge, heute 230 000.
Vor hundert Jahren war für den ACS Thurgau klar: Fussgänger und Fuhrwerke haben immer Vortritt. In den Gründerjahren schlug die Sektion vor, dass alle Automobile aus Gründen der Verkehrssicherheit mit Licht ausgestattet sein müssten. Der Regierungsrat hielt nichts von diesem Begehren.
«Man muss einen langen Atem haben, um politisch etwas bewegen zu können, früher wie auch heute», sagt Sektionspräsident Roell. Mit mittlerweile 5200 Mitgliedern ist der ACS Thurgau heute zu einer wichtigen Kraft geworden. Verkehrspolitisch ziehe man mit dem TCS an einem Strick.
Roell war es wichtig, dass der Netzbeschluss zu BTS und OLS angenommen wurde. Aber auch nach dem Ja seien Kompromisse nötig. «Uns liegt viel daran, dass in Zukunft die Mobilitätsinfrastruktur gesichert ist», sagt Roell, der privat einen BMW fährt, aber beruflich am liebsten auf einen Elektro-Smart schwören würde. Aber weil die noch nicht so weit seien, fährt er eine Dieselversion.