REBBAU: Es gibt wenig Wein – dafür wird er gut

Die Thurgauer Weinbauern mussten in diesem Jahr mit Frost und Hagel kämpfen. Die verschont gebliebenen Trauben sind dafür früh reif.

Larissa Flammer
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Larissa Flammer

larissa.flammer@thurgauerzeitung.ch

Die Fachstelle Weinbau der Kantone Thurgau und Schaffhausen ruft Rebleute dazu auf, die letzten Erntevorbereitungen zu treffen. Nach ihrer Einschätzung sei davon auszugehen, dass ab nächster Woche das Lesen der weissen Hauptsorte Müller-Thurgau anstehe – zwei Wochen früher als normal. «Die ersten Reifemessungen zeugen von hohen Zuckerwerten über den Erwartungen», heisst es in der aktuellen Mitteilung der Fachstelle. Die Werte würden nahe an diejenigen von 2011 und 2015 herankommen.

Grund für das sprunghafte Ansteigen der Zuckerwerte dürften die tiefen Erträge sein. Hans-Walter Gysel von der Fachstelle Weinbau erklärt: «Wenn es weniger Trauben gibt, wirkt sich das positiv auf die Qualität aus.» Der Zucker, den die Reben mit ihrem Laub bilden, verteile sich auf weniger Früchte. «Aus diesem Grund gibt es auch eine Mengenbeschränkung. Das hat alles mit der Qualität zu tun», sagt Gysel.

Das kantonale Landwirtschaftsamt setzt zudem jedes Jahr bis Ende Juni auf Antrag der Fachstelle Weinbau den Mindestzuckergehalt der mit dem AOC-Zertifikat versehenen Weine fest. AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) steht für die Einhaltung gewisser Bestimmungen, so müssen unter anderem die Zutaten aus einer bestimmten Region stammen und das Produkt auch dort hergestellt werden. 2017 muss der Mindestzuckergehalt für die Trauben der Weissweinsorte Müller-Thurgau gemäss Mitteilung des Thurgauer Landwirtschaftsamts 68° Oechsle betragen. Aus der Mitteilung der Fachstelle geht hervor, dass bereits 70 bis 73° Oechsle erreicht sind.

Nur noch 50 Prozent der Ernte erwartet

Der geringe Ertrag in diesem Jahr hat hauptsächlich mit dem Frost im April zu tun. Wie aus der Mitteilung der Fachstelle Weinbau hervorgeht, brachte aber auch der August weitere Ertragseinbussen bei den Trauben: «Der August war unter anderem geprägt durch orkanartige Stürme mit lokalen Hagelschlägen, zahlreichen Hitzetagen wie auch mehreren Tagen mit hohen Luftfeuchtigkeitswerten von über 90 Prozent gerade zum Zeitpunkt des Abschlusstermins.» Die vom Sturm Anfang August beschädigten Beeren seien mittlerweile meist vertrocknet und teilweise bereits abgefallen. «Wenn die Trauben noch nicht gereift sind, ist der Schaden nicht so schlimm», sagt Gysel.

Der späte Hagelschlag vom 18. August sei fataler. Die reifen Trauben, die damals beschädigt wurden, seien nicht mehr vollständig vertrocknet. Gysel erklärt: «Dann besteht die Gefahr von Wespen oder Fäulnis.» Aus diesem Grund habe es lokal erneut deutliche Ertragsausfälle gegeben. «In stark frostgeschädigten Gebieten ist aktuell nur noch mit rund 50 Prozent einer normalen Ernte zu rechnen», heisst es bei der Fachstelle.