Niklaus Bösch, besser bekannt als Chläus, arbeitet seit zwanzig Jahren im Gutsbetrieb der Kartause. Zur Feier des Tages organisierte der begeisterte Viehzüchter ein Fest – 400 kamen.
WARTH. «Ich bi dä Chläus», sagt er und streckt der Besucherin die Hand entgegen. Er hat keine Berührungsängste. Seit zwanzig Jahren lebt Niklaus «Chläus» Bösch in der Kartause. Am 4. August hatte er nicht nur Dienstjubiläum, sondern er feierte auch seinen 43. Geburtstag.
Noch nie hat er ein Fest gefeiert. Doch nun hat er seine Wünsche realisiert und finanziert: Oesch's die Dritten in der Remise und dann einen Apéro für alle Gäste. «Der Apéro war mir wichtig. Ich bin ein gastfreundlicher Mensch.»
Der in Wattwil mit fünf Geschwistern aufgewachsene Bauernsohn hatte die Maurerlehre erfolgreich abgeschlossen, den Fahrausweis in der Tasche. 1992, bei einer Kieferkorrektur, wurden Teile seines Gehirns beeinträchtigt, die für die Verarbeitung der visuellen Eindrücke zuständig sind. «Sie waren von einer Durchblutungsstörung betroffen», sagt Bösch. Er erklärt, dass die Ursache seiner Sehbehinderung nicht im Auge, sondern im Gehirn liegt. «Ich sehe wie durch einen Feldstecher, der schlecht eingestellt ist.» Doch er hat sich arrangiert. «Ich bin eine Frohnatur und mit einem Spässli geht es ringer.» Er versteckt sich nicht hinter seiner Behinderung. Bezeichnet sich als betreuten Mitarbeiter, meistert sein Leben aber mehrheitlich selbständig.
Hundert Flyer hat er verschickt, einen davon an Ständerat Roland Eberle, den Präsidenten des Stiftungsrates der Kartause Ittingen. «Er schüttelte mir in der Pause die Hand», sagt er strahlend. 400 Gäste waren gekommen. Mutter, Geschwister, Verwandte, Bekannte, Betreute und Mitarbeitende der Kartause, befreundete Viehzüchter. «Ich war gerührt, als ich den vollen Saal sah», sagt er.
Nach dem Auftritt des Schwyzerörgelitrios mit seinem Neffen Emil folgte das Jodelchörli Klingenberg. Dann standen Oesch's die Dritten auf der Bühne. Ein Juchzer, und Melanie legte los: «Zwöi rehbruni Ouge». Chläus Bösch ist Melanies grösster Fan. «Nein, schreib nicht Fan, sondern Verehrer», präzisiert er. «Wir haben uns beim Znacht gut unterhalten, das wäre eigentlich ausbaufähig», kokettiert Melanie Oesch. «Pass auf, Melanie, an mir liegt es nicht», kontert er.
Simon Schild, der Präsident der Züchtergruppe Thurgau Bodensee, schenkte Bösch zum Jubiläum ein Kalb, die drei Wochen alte Melanie mit der Ohrmarke 8357. Im Stall der Kartause steht bereits ein Kuhkalb namens Melanie. Es trägt die Nummer 7539 im Ohr und ist zwei Monate alt. Nun wird Bösch die ältere Melanie wohl in Maya umtaufen.
Bösch weiss von allen Kühen im Stall der Kartause die Abstammung, ob sie trächtig sind und mit welchem Stier sie geführt wurden. Schon als Kind besuchte er Viehschauen und interessierte sich für die Abstammung der Tiere. Er unterstützt Melker Urs Lang bei der Auswahl der Zuchtstiere. Lang liest ihm die in Frage kommenden Stiere aus dem Katalog vor. Chläus merkt sich alles und kann die Daten wie im Computer abrufen.
Was wünscht er sich? Bösch überlegt. «Andere träumen von Weltreisen. Mir reichen Wanderungen und ein Zugfährtli in der Ostschweiz.» Letztes Jahr ist er zum ersten Mal allein vereist, denn Oesch's die Dritten sorgten auf eine Flusskreuzfahrt für musikalische Unterhaltung. Chläus wäre einer Beziehung nicht abgeneigt. «Aber ich suche nicht krampfhaft, sondern bin offen für das, was kommt.»