Die Wohnbaugenossenschaft Linde nimmt die Kritik vor der Abstimmung über den Baurechtsvertrag am 5. Juni ernst. Sie öffnet sich per sofort für alle Interessierten. Der CVP-Ortspartei ist das nicht genug. Sie beschliesst die Nein-Parole.
STECKBORN. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen das Projekt auf dem Lindenareal.» Das sagt ausgerechnet Leo Stäheli, der Präsident der örtlichen CVP, die soeben eine Nein-Parole herausgegeben hat. Ginge es nach dem CVP-Vorstand, sollten die Steckborner am 5. Juni ein Nein in die Urne legen. «Wir sind gegen den Baurechtsvertrag und wie er zustande gekommen ist», sagt Stäheli. Er hätte sich gewünscht, dass das Vertragswerk den lokalen Parteien zur Vernehmlassung vorgelegt worden wäre. Dann hätte man noch Einfluss nehmen können, und der Vertrag wäre weniger einseitig zugunsten der Genossenschaft ausgefallen. «Mit dem Vorgehen des Stadtrates wird aber die Demokratie ausgehebelt und den Stimmberechtigten eine Abstimmung über den Planungs- und Baukredit vorenthalten.»
Die Parteien verlieren in Steckborn an Bedeutung, und die CVP stellt keinen Stadtrat mehr. Sie will als Opposition den Finger in die Wunde legen: «Der Baurechtsvertrag hätte zur Folge, dass der Steuerzahler für drei Prozent der Bevölkerung einstehen muss.» Das sei eine enorme Subventionierung der privaten Wohnbaugenossenschaft Linde zulasten der Steuerzahler.
Wo genau hätte die Steckborner CVP den Vertrag anders gestaltet? «Überall dort, wo die Gemeinde im Risiko steht», sagt Stäheli, der keine konkrete Vertragsänderung nennt. Er sagt: «Der Baurechtsvertrag ist so verfasst, dass die Stadt Steckborn als Grundeigentümerin bei einer Illiquidität oder Überschuldung der privaten Woba gezwungen wäre, für die Planungs- und Baukosten geradezustehen.» Gregor Rominger, Präsident der Woba Linde, widerspricht: «Die Stadt bleibt in Besitz des Landes. Das ist der Witz an der Sache.» Beim vorzeitigen Heimfall (Botschaft, Paragraph 2.2.) steigern sämtliche Vorarbeiten den Wert des Baulandes. «Der Steuerzahler kann gar nicht das Nachsehen haben», sagt Rominger.
Doch die Kritik, die am Infoabend laut wurde, ist nicht ungehört an der Woba Linde abgeperlt. Kritisiert wurde unter anderem die Personalunion von Stadtrat und Woba-Vorstand. «Das hatte seinen Sinn, wir wollten speditiv arbeiten», sagt Woba-Präsident und Stadtrat Rominger. «Aber es war im nachhinein betrachtet ein Fehler, denn es könnte nach Mauschelei aussehen.» Aber jeder dürfe dem Woba-Vorstand über die Schulter schauen. Deshalb öffnet sich die Genossenschaft sofort. Wer jetzt Genossenschafter werden will, bekommt gleich die Rechnung und dann das Zertifikat.
Interessierte Genossenschafter sind zudem aufgerufen, sich aktiv einzubringen. Wer sich ein Engagement in der Baukommission oder im Vorstand vorstellen kann, wendet sich via Internet oder schriftlich an Präsident Rominger. Der signalisiert keine Schmerzgrenze, sollten fähige Leute an die Spitze streben: «Dann stelle ich mein Amt als Präsident der Woba oder der Baukommission zur Verfügung.» Stadtpräsident Roger Forrer zeigt sich ebenfalls offen und würde zum Beispiel als Woba-Finanzchef mit Fachleuten eine Kommission bilden.
Die Steckborner SP-Präsidentin Marianne Guhl zeigt sich auf Anfrage zufrieden mit der Nachbesserung. Auch wenn die SP keine Parole fasst, steht die Ortspartei hinter Projekt und Vertrag. «Ein Grossteil der Bevölkerung hat sich gewünscht, dass es bezahlbare Wohnungen für Ältere gibt sowie altersdurchmischtes Wohnen», sagt Guhl. «Wir hoffen sehr, dass der Baurechtsvertrag angenommen wird.»
Interessant ist auch, wer sich nicht zu Wort meldet, wie viele Parteien oder die Primarschule Steckborn. Letztere hat wie die Stadt und die Evangelische Kirchgemeinde ungefähr ein Drittel des Landes eingebracht. Auf Anfrage sagt Schulpräsident Reto Brändle: «Unseren Kurs werden wir an der nächsten Behördensitzung besprechen.»