FRAUENFELD. Seit 2006 hat die Eidgenössische Bundesverwaltung ein Öffentlichkeitsgesetz, das jeder Privatperson erlaubt, Akten ohne nachweisbares Interesse einzusehen. Viele kantonale Verwaltungen ziehen damit nach, der Thurgau aber nicht.
FRAUENFELD. «Die Behörden informieren über ihre Tätigkeit.» Dieser Satz steht bereits heute in der aktuellen Verfassung des Kantons Thurgau. Detailliertere gesetzliche Regelungen in Sachen Informationspolitik gibt es im Kanton Thurgau ansonsten nicht. Mit Ausnahme von Appenzell Innerrhoden ist der Thurgau der einzige Ostschweizer Kanton, der sich nicht für die Einführung eines Öffentlichkeitsgesetzes begeistern lässt. In St. Gallen befindet sich ein solches Gesetz zurzeit in Arbeit, Appenzell Ausserrhoden hat schon seit 17 Jahren eines.
«Im Kanton Thurgau ist offensichtlich kein Öffentlichkeits- oder Informationsgesetz nötig», sagt Margrit Walt, Leiterin des kantonalen Rechtsdienstes. «Wir haben nämlich diesen Satz in der Verfassung. Und die Bürger können jederzeit zu uns kommen, wenn sie etwas Spezielles wollen.» Der Thurgau sei verpflichtet, zu informieren. Auch ohne spezielles Gesetz. Und das habe in der Praxis bis anhin auch immer so funktioniert. «Deshalb sind im Thurgau auch keine solchen Vorstösse hängig», sagt Margrit Walt. «Es hat diesbezüglich noch nie irgendwelche Probleme oder Unklarheiten gegeben.» Im Kanton Thurgau gilt also immer noch: ohne Interessennachweis keine Auskunft.
«Grundsätzlich kann man sagen, dass ein Informationsgesetz bei allen Behörden im Thurgau thematisiert wird», sagt Fritz Tanner, Datenschutzbeauftragter des Kantons. «Es sind aber keine konkreten Projekte geplant. Und wie es aussieht, zeichnet sich auch nichts derartiges ab.» Laut Fritz Tanner gibt es zwei verschiedene Aspekte bezüglich Einführung eines Öffentlichkeits- oder Informationsgesetzes. «Ein grosses Stichwort ist Transparenz», sagt Tanner. «Es ist wichtig, dass der Bürger sieht, was die Behörden machen.» Mit einer offenen Informationspolitik werde das Handeln des Staates besser durchschaubar und man sehe, was mit den Steuergeldern gemacht wird. In der Praxis sei die Informationspolitik im Thurgau aber heute schon sehr gut. Ein grosser Nachteil wäre, dass der Datenschutz mit einem solchen Gesetz schwer umzusetzen wäre. «Für die Angestellten würden sich in der Praxis zu viele Datenschutzfragen stellen, wodurch die Fehlerquelle möglicherweise steigen würde.»
Appenzell Ausserrhoden war der Bundesverwaltung mit der Einführung eines solchen Gesetzes zehn Jahre voraus. «Nach der Einführung hat sich in der Praxis nicht viel verändert», sagt Thomas Frey vom Rechtsdienst Appenzell Ausserrhoden. «Es sind nie irgendwelche kritischen Anfragen eingegangen.»
In St. Gallen wurde ein Gesetzesentwurf in der Vernehmlassung zerzaust – danach machte die Regierung im Februar 2010 einen Rückzieher. Kurze Zeit später kam es aber wieder zur Diskussion. In Appenzell Innerrhoden kennt man kein solches Gesetz. «Das brauchen wir nicht», sagt Rudolf Keller, Leiter des Rechtsdienstes Innerrhoden. «Es geht auch bestens ohne diese zusätzlichen Gesetze und Vorschriften.»