Auf dem Hagschnurer-Hof von Daniel Bauer sind die Hühner in einem fahrbaren Wagen samt Aussengehege untergebracht. Aber ein Milan trieb sein Unwesen - insgesamt hat er vier Hühner geholt.
Rahel Haag
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Friedlich pickend tummeln sie sich vor ihrem Stall auf Rädern. Manche weiss, manche schwarz, manche braun. Statt des Grases, das unter dem Schnee verborgen ist, fressen sie eben Äpfel. Die Kälte mache den Hühnern nichts aus. «Aber Schnee mögen sie nicht», sagt Hofbesitzer Daniel Bauer. Einige von ihnen retten sich auf einen Holzbalken unter dem Wagen.
Insgesamt sind es 35 Hühner, Ende Dezember waren es noch knapp 40 – Doch dann kam der Milan. Innerhalb von drei Tagen holte er sich drei Hühner. «Freunde von mir haben es beobachtet und mich angerufen», sagt Bauer. Nach der dritten Attacke habe er schliesslich den Jäger angerufen und ihn um Rat gebeten. Dieser schlug ein Netz vor, um den Aussenbereich abzudecken. «Das hat gut funktioniert.» Rund drei Wochen habe er Ruhe gehabt. «Dann ist der Milan einfach unter dem Netz durchgehüpft.» Und das vierte Huhn musste dran glauben. Bauer zuckt mit den Schultern. «So ist es eben in der Natur, fressen und gefressen werden.»
Mit den Wildtieren müsse man sich eben arrangieren. Doch das Abwehren funktioniere recht gut. «Zudem betrifft es alle gleichermassen.» Einer seiner Nachbarn habe seinen Hühnerstall mit einer Dämmerungsschaltuhr ausgestattet, sodass sich das Tor automatisch schliesst und öffnet. Im Sommer ist dies bereits um 5.30 Uhr der Fall. «Das hat sich der Fuchs gemerkt – irgendwann hat er ungestört vor dem Türchen gewartet», sagt er und zuckt mit den Schultern. Die Sache mit dem Milan findet Bauer nicht so tragisch. «Speziell war, dass er ausgewachsene Hühner geholt hat.» Das habe er noch nie erlebt. Im Frühling werde er sich neue Hühner zulegen. Im Schnitt bleiben sie rund zwei Jahre bei ihm.
Den Hof im Hagschnurer in Hüttwilen hat Bauer vor zwei Jahren gemeinsam mit seiner Frau von seinen Grosseltern übernommen. Im Hagschnurer-Hofladen verkaufen sie Hühnereier. Mit ursprünglich 20 Hühnern hätten sie immer zu wenige gehabt. Da aber der alte Hühnerstall voll war, musste eine Lösung her. «Jetzt haben sie einen Zigeunerwagen», sagt Bauer. Den hat sein Vater, Markus Bauer, während der Wintermonate in der Scheune auf einen alten «Bruggenwagen» gezimmert. Der Wagen bietet Platz für 50 Hühner und fällt auf. «Zuerst hatten die Leute das Gefühl, das sei unser neuer Wohnwagen für die Ferien», sagt Bauer und schmunzelt. Der grosse Vorteil sei, dass der Stall dank seiner Räder fahrbar ist. Wenn die Hühner das Gras rundherum abgefressen haben, wird er einfach ein Stück verschoben. «Und fressen die Hühner frisches Gras, ist auch die Qualität der Eier besser.» Ein Huhn legt fast jeden Tag ein Ei, im Jahr also gegen 300. «Bei den Älteren sind es nicht mehr ganz so viele», deshalb gebe es bei ihnen im Moment 27 bis 30 Eier pro Tag. Diese fallen im Stall auf einen Rost und anschliessend in eine Schublade. Auf diese Weise bleiben die Hühner nicht auf ihnen sitzen, und sie werden weniger dreckig. «Da spart man sich das Putzen.»
Laut Bauer wird in der Schweiz rund ein Drittel der Eier, wie auf seinem Hof, direkt vermarktet. «Das Ei ist ein sensibles Produkt.» Nach den unhaltbaren Zuständen, die in den Legebatterien vor dem Schweizer Verbot 1992 herrschten, hätten die Leute reagiert. Heute wollten die Kunden wissen, wo die Eier herkämen und dass sie von Freilandhühnern stammten. «Spaziergänger, die vorbeikommen, und die Hühner begrüssen einander jeweils am Zaun.»