Hilfsdienst kämpft mit Geldsorgen

WEINFELDEN. Das Rote Kreuz verschafft Familien bei der Pflege von Angehörigen Verschnaufpausen. Den Entlastungsdienst können sich möglicherweise bald nur noch Reiche leisten. Der Bund hat die Subventionen gestrichen.

Markus Schoch
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Saubermachen in der Küche: Die Rotkreuz-Mitarbeiterinnen entlasten die Angehörigen in der Betreuung von Familienmitgliedern. (Bild: Urs Jaudas)

Saubermachen in der Küche: Die Rotkreuz-Mitarbeiterinnen entlasten die Angehörigen in der Betreuung von Familienmitgliedern. (Bild: Urs Jaudas)

Silvia O. kennt an manchen Tagen nicht einmal mehr den Namen der Frau von der Spitex, die seit über zwei Jahren regelmässig am Morgen bei ihr vorbeischaut. Den Haushalt kann sie schon lange nicht mehr selber führen. Die 84jährige leidet an verschiedenen Formen von Demenz. Doch sie wohnt noch immer in den eigenen vier Wänden.

Die Tochter wollte es so und kümmerte sich anfänglich selber sieben Tage in der Woche um die Mutter, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Alleine würde sie es nicht schaffen, hat die 57jährige schnell gemerkt. Seit kurzem hilft ihr eine Mitarbeiterin des Roten Kreuzes. An zwei Nachmittagen in der Woche sieht diese nach Silvia O.

Bund streicht Gelder

Den Entlastungsdienst des Roten Kreuzes gibt es im Thurgau seit Sommer 2004. Die Nachfrage ist gross. Im ersten Jahr waren die Rotkreuzmitarbeiterinnen rund 2400 Stunden im Einsatz, 2008 bereits rund 6000 Stunden.

Der Trend könne schon bald kehren. Denn das Rote Kreuz muss unter Umständen den Tarif erhöhen, der nur etwa zu einem Drittel kostendeckend ist. Bereits heute stellt es Fr. 12.50 pro Stunde in Rechnung, 2007 waren es noch 10 Franken. Grund für die düsteren Aussichten: Das Bundesamt für Sozialversicherungen beteiligt sich seit Anfang 2008 nicht mehr an der Finanzierung des Entlastungsdienstes – eine (lange nicht bekannte) Folge des neuen Finanzausgleiches (NFA).

Damit fehlt ein Drittel der Gelder. Die Verantwortlichen des Roten Kreuzes gelangten deshalb im Sommer des letzten Jahres an die Gemeinden mit der Bitte, in die Bresche zu springen. Es geht um Beträge von einigen hundert bis über 10 000 Franken. Auf Dauer das gesamte Defizit alleine zu tragen, überspanne die eigenen finanziellen Möglichkeiten, redete das Rote Kreuz den Gemeinden ins Gewissen.

Im letzten Jahr war beim Entlastungsdienst ein Fehlbetrag von über 150 000 Franken budgetiert. Zum Vergleich: 2007 schloss die Rechnung dank Bundesgeldern mit einem Verlust von nur knapp 87 000 Franken ab.

Kanton soll es richten

Der Aufruf stiess bei vielen Gemeinden auf taube Ohren, obwohl sie vom eigenen Dachverband in einem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen worden waren, dass der Entlastungsdienst in ihren Aufgabenbereich gehöre. Gemäss einer dem Tagblatt vorliegenden Aufstellung sprachen bis im Spätherbst lediglich 11 der 80 Gemeinden eine Subventionspauschale, 10 gaben eine Absichtserklärung ab und 19 erteilten dem Roten Kreuz eine Absage, darunter auch Städte und reiche Gemeinden mit ausgewiesenem Bedarf. Der grosse Rest legte sich bis zum Ablauf der Frist Ende August nicht fest.

An dieser Situation hat sich dem Vernehmen nach bis heute nichts Wesentliches geändert. Nun soll der Kanton helfen, eine Lösung zu finden. Der Regierungsrat steht unter Druck, etwas zu tun (siehe Kasten). Das Rote Kreuz nimmt nicht Stellung zum Finanzierungsproblem.