Grenzgänger auf Gratwanderung

BICHELSEE-BALTERSWIL. Drei Tage, drei Routen, eine Grenze: Die Männerriege Balterswil hat am Wochenende Wanderlustige zum Grenzgang geladen. Der Weg führte rund um die Politische Gemeinde Bichelsee-Balterswil.

Christof Lampart
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Flotten Schrittes ist die Wandergruppe unterwegs. (Bilder: Christof Lampart)

Flotten Schrittes ist die Wandergruppe unterwegs. (Bilder: Christof Lampart)

Der Dorfmetzger wusste Bescheid. Gemeindeammann Beat Weibel, selbst im Dorf aufgewachsen und als Sportler jeden Kracher kennend, hatte die klare Order durchgegeben, eine offene Anzahl an Bratwürsten bereit zu halten. «Wären wir heute hundert gewesen, so hätten wir auch das stemmen können», erklärt das Gemeindeoberhaupt lachend beim sonntäglichen Abmarsch vom Traber-Schulhaus aus.

Ein strammes Quartett

24 Erwachsene sind es heute, die auf Schusters Rappen und mit Rucksäcken sowie Wanderstöcken aufgerüstet über die Hochwacht zur Wolfsgrube zum ersten Etappenziel an diesem Tag hochsteigen. Vier davon, Esther Kammermann, Beat Weibel sowie Alois und Rosmarie Eisenring, haben alle drei Wandertage mitgemacht, wobei nach übereinstimmender Auskunft am Freitagabend die erste Etappe auf den Landsberg die schlimmste war.

«Wir wurden total verregnet», sagt Weibel. Von Regen ist zumindest am frühen Sonntagvormittag keine Spur zu sehen. Im Gegenteil, die Wolkendecke beginnt da und dort aufzureissen, und ein sattes Blau lässt die Wandergruppe erahnen, dass der Tag noch richtig heiss werden könnte.

Von wegen gemächlich

Der Anstieg setzt sich kontinuierlich fort, ist aber nie so steil, dass man als normaler Fussgänger Mühe hätte. Und Wanderer sind ja sowieso ein ganz spezieller Menschenschlag. «Gemächliches Tempo» heisst, dass man keine fünf Sekunden stehen bleiben kann, um sich in Ruhe mal ein paar Notizen zu machen oder ein Foto zu schiessen. Im Nu klafft eine Lücke von 20 bis 30 Metern zum Ende der Gruppe.

Einen kurzen Zwischensprint später wird man Zeuge, wie ein silbergrauer Vollbart von der Orientierungslauf-Weltmeisterschaft in Lausanne erzählt. Irgendwie beschleicht einen das Gefühl, dass man gerade selbst an so einem Laufevent teilnimmt. Wozu anhalten, wenn alle das Tempo mitgehen können? Vorbei am «Himmeleia» – weshalb der Flecken so heisst, weiss niemand – wird der Weiler Brenngrüti linker Hand liegen gelassen und im Wald der Grat erklommen. Links liegt der Thurgau, rechts der Kanton Zürich. Auf beiden Seiten geht es steil runter. Ein Grenzstein mit der Jahreszahl 1913, dem man ansieht, dass er schon seit Jahrzehnten von niemanden mehr bewegt wurde, schafft Gewissheit, wo man sich jetzt genau befindet. Dann zieht die Gruppe wieder das Tempo an, und der letzte Hang vor dem Rastplatz Wolfsgrube wird in Angriff genommen. Dort warten auch schon drei Männerriegler, die allerlei Getränke und Bratwürste – alles von der politischen Gemeinde spendiert – in ihrem Auto transportieren. Allerdings sind letztere erst für später gedacht – «ihr müsst euch die Würste noch ein wenig verdienen» –, und auch das wohlverdiente Bier, das so mancher im Kofferraum entdeckt, schmeckt verdächtig nach Rivella und Mineralwasser.

Fünf Minuten später heisst es wieder den Blick von den majestätischen Churfirsten loszureissen, denn Beat Weibel gibt ein Zeichen, und schon marschiert die Gruppe, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, den Grat weiter bergan – und somit einem neuen Ziel und einer weiteren «Grenz-Erfahrung» entgegen.