FRAUENFELD. Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gilt im Thurgau wieder die alte Spitalliste. In der Kasse der Aadorfer Privatklinik hinterlässt das ein grosses Loch. Denn der Kanton Zürich sieht sich nicht mehr zu Zahlungen verpflichtet.
Im Streit um die Spitalliste muss der Thurgau über die Bücher. Die vom Kanton Zürich geäusserte Kritik, der Thurgau betreibe im Gesundheitsbereich verkappte Wirtschaftsförderung und unterlaufe die Zürcher Spitalplanung, wird durch den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts gestützt. Dieses hat eine Beschwerde des Kantons Zürich gutgeheissen. Dabei geht es um die private psychiatrische Klinik Aadorf. Der Kanton Thurgau führt sie auf seiner Spitalliste und hob 2014 gar eine Bettenbeschränkung auf. Dadurch hätte sich die Situation der Klinik verbessern sollen.
Aufgrund der freien Spitalwahl waren so die Kantone verpflichtet, rund die Hälfte der Kosten – die andere Hälfte übernimmt die Krankenkasse – für Behandlungen zu übernehmen. Das führt vor allem viele Zürcher Patienten mit Depressionen oder Essstörungen in die Spezialklinik nach Aadorf, während der Kanton Zürich im medizinischen Bereich der Depressionen über eine Angebotsüberkapazität klagte.
«Durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gilt im Thurgau bis auf weiteres wieder die ursprüngliche Spitalliste aus dem Jahr 2012», sagt Regierungsrat Jakob Stark, Vorsteher des Departementes für Finanzen und Soziales. Die Klinik Aadorf mit ihren 60 Betten ist auf dieser Liste zwar auch aufgeführt, aber mit einer Kapazitätsgrenze von 4 Plätzen für Patienten aus dem Thurgau. «Damit ist der errechnete medizinische Bedarf des Thurgaus in diesem Bereich abgedeckt», sagt Stark.
Für Daniel Winter, Kommunikationsbeauftragter der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, ist mit diesem Urteil des Verwaltungsgerichts die Klinik Aadorf faktisch von der Thurgauer Spitalliste entfernt, wodurch der Kanton Zürich zu keinen Zahlungen mehr verpflichtet ist.
Dass die Aadorfer Klinik tatsächlich aber mit einer Kapazitätsgrenze weiterhin auf der Spitalliste fungiert, ist für ihn nicht entscheidend. Er verweist darauf, dass das Urteil festhält, dass der Thurgau den Vorgaben des Krankenversicherungsgesetzes widerspreche.
Ob die Klinik Aadorf bei einer nächsten Revision der Thurgauer Spitalliste immer noch auf dieser aufgeführt wird, müssen wohl Abklärungen des medizinischen Bedarfs der Nachbarkantone zeigen. Schliesslich hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich die Kantone untereinander verstärkt koordinieren müssen. Dass aus Zürich ein Bedarf an Plätzen in der Klinik Aadorf angemeldet wird, dürfte unwahrscheinlich sein. «Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir nicht den Kantönligeist wieder aufleben lassen», sagt Regierungsrat Stark.
Ein Drittel der Patienten kommen aus dem Kanton Zürich, sagt Stephan N. Trier, Klinik- und ärztlicher Direktor der Aadorfer Klinik. Man werde dieses Urteil mit den Verantwortlichen des Kantons Thurgau besprechen. Einen Einbruch der Patientenzahlen fürchtet Trier nicht. Existenzbedrohend sei das Urteil ebenfalls nicht.
Die finanziellen Einbussen dürften aber einschneidend sein. Sehr viel Geld aus Zürich wird in der Kasse der Klinik fehlen. 2013 sollen aus dem Kanton Zürich 1,3 Millionen Franken nach Aadorf überwiesen worden sein. Aufgrund der Klage sind diese Zahlungen seither gestoppt. Zur Zukunft der Klinik mit ihren 110 Mitarbeitern sagt Trier, dass diese aufgrund des Urteils wohl den Bereich der Patienten mit schweren Essstörungen vorantreiben werde. «Der Bedarf ist da, und in der Deutschschweiz gibt es kein vergleichbares Angebot.»